Über die Europawahl diskutierten Philipp Jauernik, Bundesvorsitzender der Paneuropa Jugend, und Stefan Haböck, internationaler Referent im Präsidium der Paneuropabewegung Österreich, und gaben interessante Einblicke. Von Charles Steiner.
Die Europawahl ist zu Ende gegangen – und die Ergebnisse sind durchaus als interessant zu betrachten: Die Wahlbeteiligung ist mit über 60 Prozent deutlich gestiegen, die zwei großen Fraktionen haben zwar insgesamt verloren, die Liberalen dafür zugelegt und die Parteien aus dem extremen Spektrum auch – aber nicht in dem Ausmaß, wie von vielen befürchtet und von ihnen erhofft. Und das Spitzenkandidatenmodell ist gescheitert. Das sind die zentralen Aussagen, die man bereits jetzt über den Urnengang treffen kann, erklärt Stefan Haböck, internationaler Referent im Präsidium der Paneuropa Bewegung im Rahmen des letzten Jour Fixe mit Philipp Jauernik, Präsident der paneuropäischen Jugend Österreich unter der Moderation von Generalsekretär Rainhard Kloucek. Doch ist das Ergebnis als solches auch nicht unproblematisch. Zwar sind die nationalen Fraktionen – nomen est omen – nicht in der Lage, zu kooperieren und damit Bündnisse zu schließen – dennoch hat sich das politische Gefüge etwas verschoben. In der Besetzung der Top-Jobs etwa hat sich eine Dominanz der westeuropäischen Staaten gegenüber den mitteleuropäischen und südosteuropäischen Ländern herausgebildet, letztere spielen kaum mehr eine Rolle. Macron und Orban haben mit ihrer Blockadehaltung das Spitzenkandidatenmodell hinweggefegt.
Jauernik erklärt, dass die Zahlen zwar durchaus den Schluss zulassen könnten, dass es eine Erosion im Parteiengefüge in Europa geben würde, relativiert aber. Das Ergebnis würde mehr einen Wunsch nach Erneuerung sowie nach Verlässlichkeit widerspiegeln. Er macht das an den Ergebnissen der ÖVP-Kandidaten fest: Angelika Winzig konnte mit einem starken Vorzugsstimmenergebnis punkten, Othmar Karas sein Ergebnis sogar noch ausbauen. Und, dass in der Europapolitik die Innenpolitik eine starke Rolle beim Wahlverhalten spielt, zumindest unterbewusst. Dennoch: Der regionale Bezug sticht, wie aus dem Ergebnis von Winzig abzuleiten war. Zum Spitzenkandidatenmodell fügte Haböck noch hinzu, dass es gescheitert sei, weil parteipolitische Interessen bei einigen Ländern – Frankreich und Ungarn – überwogen hätten.
Doch hat das die Rolle der Nationalstaaten gestärkt? Jauernik sagt nein, nicht generell. In manchen Ländern, Österreich habe es zwar eine Einmischung in den Wahlkampf gegeben, Altkanzler (zum Zeitpunkt der Europawahl noch Bundeskanzler) Sebastian Kurz hatte europapolitisch doch einige Themen vorweggenommen, in Deutschland sei dies aber nicht der Fall gewesen, Angela Merkel hat sich gar nicht eingemischt. Sein Resümee: Nicht die Nationalstaaten sind dadurch stärker geworden, sondern die Parteien.
Was das bedeutet? Das ist noch nicht abzusehen. Zumindest dürfte der Erweiterungsprozess weiterhin stocken, weitere Beitrittsgespräche in absehbarer Zeit sind für die südosteuropäischen Länder Mazedonien und Albanien eher nicht zu erwarten, noch weniger für die Ukraine. Das kann aber schnell zum Bumerang werden, denn langsam verlieren die Länder die Geduld ob der zahlreichen Zusagen ohne konkrete Schritte dahinter. Dennoch geben sich beide Diskutanten abwartend – man könne dazu erst Aussagen treffen, nachdem die neu gewählten Institutionen ihre Arbeit angefangen hätten. Es wird jedenfalls noch spannend bleiben, sind sich beide sicher.