Warum gibt es nur Brandmauern gegen rechts? Und wer definiert, wo rechts anfängt? Was ist mit der Brandmauer gegen links (Kommunisten)? Von Rainhard Kloucek
Einverstanden. Es braucht in der Politik klare Abgrenzungen gegen demokratiefeindliche, antieuropäische, nationalistische, polarisierende Demagogen, vor allem wenn sie auch noch den Vernichtungskrieg Putins gegen die Ukraine tolerieren oder gar ganz offen auf der Seite Putins stehen. Wir sind auch bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass derartige Parteien oder Bewegungen heute als rechts bezeichnet werden. Auch dann, wenn sie ursprünglich aus sozialistischen oder kommunistischen Bewegungen kommen.
Allerdings sollten wir dabei nicht vergessen, dass es auf der linken Seite genauso Parteien und Strömungen gibt, die gegen die Demokratie sind, die polarisieren und die auf der Seite Putins stehen. Die Abgrenzung muss auch gegen diese Feinde der offenen Gesellschaft gelten.
Die Frage, wer definiert, gegen wen man die Brandmauer errichtet, muss aber vernünftig gelöst werden. Nehmen wir das Europäische Parlament als Beispiel. Dort gibt es die neue Fraktion von Orban, gegen die die Brandmauer wirken soll. Einverstanden. Auch wenn es dort Leute gibt, die einst für die kommunistische Staatspolizei gespitzelt haben, kann man sie als rechts bezeichnen. Wahrscheinlich haben auch viele in der konservativen Fraktion, in der beispielsweise die polnische PiS ist, nichts dagegen, wenn man sie als rechts bezeichnet.
Aber ist es sinnvoll, wenn man sie alle aus allen Entscheidungsprozessen durch eine Brandmauer ausschließen will? Darf die Europäische Volkspartei dann keinen Anträgen mehr zustimmen, wenn sie von einer dieser Fraktionen kommen, auch wenn sie inhaltlich sinnvoll, aber eben nicht ideologisch links sind?
Oder wie verhält es sich ganz konkret im Kampf gegen Putins Angriff auf Europa? Man muss den Nationalismus der polnischen PiS nicht mögen. Klar ist aber, dass sie ganz klar gegen das Terror-Regime von Putin stehen. Das haben sie mehrfach bewiesen. In der Frage sind sie ein Partner all jener, die ein unabhängiges Europa wollen, auch wenn die PiS nationalistisch ist. Man sollte hier also nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
Beitragsbild: Blick in den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg. c Europäisches Parlament