Der Vertrag von Rom wird sechzig

60 Jahre nach der Gründung der EWG durch die Römischen Verträge ist die EU in einer Krise. Es ist nicht nur ein neuartiger Nationalismus, der Europa lähmt. Eine Rückbesinnung auf die Grundsätze der Marktwirtschaft täte gut.

Ein Kommentar von: Rainhard Kloucek

Vor 60 Jahren, am 25. März 1957, wurde in Rom der Vertrag zur Gründung der Europä­ischen Wirtschaftsgemeinschaft unterzeichnet. Das Vertragswerk wurde auch unter dem Namen Vertrag von Rom oder Römische Verträge bekannt. Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Frankreich, Deutschland und Italien legten damit den Grundstein für die europäische Einigung, die über mehrere neue Verträge und einige Erweiterungsrunden zur heut­igen Europäischen Union wurde. Mit den Römischen Verträgen wurde auch eine erste „Verfassung“ für ein geeintes Europa geschaffen, deren Kernelement die vier Grundfreiheiten waren.

Hatte man zuvor mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl noch einen planwirtschaftlichen Ansatz verfolgt (die Kohle- und Stahlindustrie wurde einer gemeinsamen Kontrolle unterstellt, um weitere Kriege in Europa zu verhindern), legten die vier Grundfreiheiten das Fundament für ein marktwirtschaftliches Europa.

Der freie Personenverkehr, der freie Dienstleistungsverkehr, der freie Kapitalverkehr und der freie Warenverkehr sollten den Nationalstaaten (Mitgliedsstaaten der damaligen EWG und heutigen EU) jene protektionistische Abschottungspolitik unmöglich machen, mit der man in der ­Zwischenkriegszeit meinte, die eigenen Probleme exportieren zu können, was in Wirklichkeit aber nur zu einer massiven Zunahme der Probleme führte. Wirtschaftliche Freiheit führt immer und überall zu einer Verbesserung der Lage und zu mehr Wohlstand.

60 Jahre nach Rom sind diese vier Grundfreiheiten aber mehr gefährdet denn je. Weil man aus politischer Kurzsichtigkeit die Schaffung eines effektiven Schutzes der Außengrenzen verschlafen oder gar blockiert hat, greift man wieder auf nationale Grenzkontrollen zurück. Die zunehmende Regulierung auf nationalstaatlicher (und damit in Folge auch auf europä­ischer) Ebene ist ein genereller Angriff der Bürokratie auf wirtschaftliche und bürgerliche Freiheiten.

Außerordentlich erfinderisch waren und sind die Mitgliedsstaaten aber bei der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Der in Österreich geplante Beschäftigungsbonus ist eine bürokratisch-protektionistische Maßnahme und ein klarer Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit.

Bereits Anfang des Jahres ist ein Gesetz gegen sogenanntes Lohndumping in Kraft getreten, mit dem beispielsweise Fahrer von Transportfahrzeugen einen Mindestlohn vorweisen müssen. Damit wird die Dienstleistungsfreiheit unterminiert. Freilich, Staaten wie Frankreich oder Belgien haben schon lange solche protektionistischen Gesetze.

Angesichts der Krise, in der sich die EU befindet, wäre aber eine Rückbesinnung auf die vier Grundfreiheiten nötig. Europa ist ein Projekt der Freiheit. Ohne Freiheit verliert ein vereintes Europa seine Berechtigung.