Da muss ein Gesetz her! – oder würde etwas Vernunft auch genügen?

Der Wahlkampf für den Österreichischen Nationalrat hat in seiner Schlussphase eine Niveaulosigkeit erreicht, die wohl kaum jemand erwartet hat. Wahrscheinlich nicht einmal jene Leute, die als Erfinder der dirty campaign gelten. Sie waren ja der Meinung, die Sache würde nicht auffliegen, sie könnte also mit dem Schlechtmachen des Gegners oder Mitbewerbers die Macht der auftraggebenden Partei sichern. Interessant ist auch, dass mit dieser Schmutzkübelkampagne die SPÖ nicht eigene Parteileute beauftrag hat, sondern Söldner, die auch schon für andere Parteien gearbeitet haben. Ein Söldner zieht für Geld in den Krieg, nicht für Ideale. Ein Kommentar von Rainhard Kloucek.

Natürlich steht bei der Wahl viel auf dem Spiel. Auch wenn es gar nicht so unwahrscheinlich gewesen wäre, dass SPÖ und ÖVP – wohl mit umgekehrten Vorzeichen – wieder eine Koalition gebildet hätten, wenn das Ergebnis es wieder zulassen würde, stand doch die Frage im Raum, ob es rechnerisch möglich ist, und ob es nicht andere Koalitionsvarianten gegeben hätte, die aus machttaktischer Sicht besser gewesen wären. Mit der dirty campaign ist wohl ein Tiefpunkt in der Beziehung der beiden Dauerregenten in Österreich erreicht, der für einen der beiden Partner das Ende der Regierungsmacht bedeuten dürfte. Das ist nach allem was passiert die plausibelste Variante, wenn sich eine andere Koalition bilden lässt. Der Verlust des Zugangs zum Futtertrog ist für beide Parteien eine Bedrohung.

Wie kann man aber derartige Sudelkampagnen in Zukunft verhindern? Es wäre nicht Österreich, wenn nicht die Forderung nach einem neuen Gesetz laut geworden wäre. Der Staat muss alles regulieren. Dieses Denken sitzt tief im Land der Hochbürokratie.

Intelligent ist dieser Vorschlag nicht, trachtet er doch danach, Mass und Ziel, Vernunft und Anstand, durch Regulierung zu ersetzen. Je höher aber der Regulierungsgrad eines Staates wird, desto mehr schwindet das natürliche Empfinden für Eigenverantwortung. Die Sudelkampagne hat sich letztlich gegen ihre Erfinder gerichtet.

Viel wichtiger wäre eine direktere Bindung der Mandatare an ihre Wähler in ihren Wahlkreisen, also eine Stärkung der Elemente des Persönlichkeitswahlrechtes. Erfunden wurde die Schmutzkampagne ja nicht von Parteifunktionären an der Basis, sondern von Beratern und Experten (was immer man auch heute unter diesen Begriffen zu verstehen hat), für die die Wähler nicht Menschen mit Freiheitsrechten, sondern eine manipulierbare Masse sind.

Ein politischer Mandatar, der in seinem Wahlkreis jede Woche nicht nur mit seinen Wählern, sondern auch mit seinen politischen Mitbewerbern konfrontiert ist, der weiß, dass seine Wähler im täglichen Leben ja auch mit den Wählern seiner Konkurrenten auskommen müssen, ist kein anonymes Gesicht hinter einer derartigen Kampagne. Schon die direkte Rückkoppelung an die vielen Persönlichkeiten im Wahlkreis wären auch eine Rückkoppelung an den Anstand.

Je mehr Gesetze wir produzieren, umso mehr leidet die Rechtsstaatlichkeit. Diese Weisheit hat Felix Somary schon in seinen 20 Sozialgesetzen der verkehrten Proportionen niedergeschrieben. Schmutzkübelkampagnen verhindert man nicht durch neue Gesetze (die dann wiederum ihre Schlupflöcher produzieren), sondern nur durch ein erhöhtes Maß an Verantwortung. Die Rückkoppelung an ihre Wähler, ist für die Politiker wohl die strengste Maßeinheit.

Der Autor ist Generalsekretär der Paneuropabewegung Österreich und Mitglied im Präsidium der Paneuropa-Union