Im Umgang mit dem Iran ist die amerikanische Vorgehensweise von Geschichtslosigkeit gezeichnet. Das war schon unter früheren Präsidenten so, ist aber unter Donald Trump schlechter geworden. Ein Kommentar von Karl von Habsburg.
Es steht für Kenner des Iran außer Zweifel, dass von den vielen Fehlentscheidungen Präsident Trumps der Rückzug aus dem sogenannten „Iran-Abkommen“ (JCPOA) wohl eine der Folgenschwersten ist. Bereits bei den Verhandlungen zu diesem im Jahr 2015 in Wien unterzeichneten Abkommen war es immer wieder notwendig, die Vertreter Präsident Obamas darauf hinzuweisen, dass der Iran eine historisch gewachsene, nicht arabische, regionale Großmacht ist, und kein rückständiger Kleinstaat, den man beliebig umherschubsen kann. Kaum einem Amerikaner ist heute noch der Name Mossadegh ein Begriff, ein Persischer Staatsmann, der mit Hilfe der CIA beseitigt wurde. Im Iran kennt jedes Kleinkind den Namen und die Rolle, die die USA bei seiner Eliminierung spielte. Ein Eingriff, den man Amerika (und Großbritannien) bis heute nicht verziehen hat.
Überhaupt wird der Iran im Westen völlig falsch beurteilt, und die meisten Medien tragen auch nicht gerade zur Aufklärung bei. Man gewinnt hier den Eindruck, Iran sei eine Theokratie, deren Hauptanliegen die Unterdrückung der Frauen und die Unterstützung von Terrororganisationen sei. Wer weiß schon, dass sich derzeit ein Regierungsausschuss mit der Abschaffung der Kopftuch-Tragepflicht befasst? Bei Saudi-Arabien gerät man in Verzückung, wenn Frauen den Führerschein machen dürfen. Den Frauen des Iran sind solche Kleinigkeiten eine Selbstverständlichkeit. Ich möchte damit nicht den Eindruck erwecken, dass im Iran Frauen alle Rechte hätten, ich will nur den Unterschied in der Betrachtungsweise hervorheben.
Religiöser Schleier über totalitären Zügen
Der Iran ist von seiner politischen Struktur her ein sozialistisches Land mit kommunistisch-totalitären Zügen. Dazu gehören 5-Jahres Pläne und andere wirtschaftsfeindliche Maßnahmen. Über allem befindet sich eine religiöse Tünche, die im Westen überbewertet ist. Die Wirtschaftssanktionen tragen sicherlich nicht zur Stabilität im Nahen Osten bei. Von den bisherigen Sanktionen, die nach der Aufkündigung des JCPOA Abkommens durch Donald Trump im Iran am meisten schmerzen, sind Textilien, und damit Teppiche, betroffen. Im November kommen dann Öl und Ölprodukte auf die Sanktionsliste, kurz darauf kommt die Aufhebung des SWIFT-Abkommens. Dies wird bewirken, dass eine Kommunikation zwischen europäischen Banken und Institutionen im Iran durch die USA untersagt werden kann, und damit jede Bank, die mit dem Iran Geschäfte macht, durch die Vereinigten Staaten bestraft werden kann. Hier zeigt sich auch ein gravierendes Versäumnis Europas. Bei der Einführung des Euro wurde verabsäumt, ein europäisches Kommunikationsmittel und Zahlungssystem für Banken einzuführen, das auch ohne US-Kontrolle funktionieren kann. Es erschien damals offenbar unmöglich, dass einmal eine Situation eintreten würde, in der die USA und die EU unterschiedliche Positionen vertreten, mit der Folge, dass plötzlich die USA über SWIFT europäische Banken und Firmen sanktioniert, obwohl ihre Geschäfte unter europäischen Gesetzen völlig legal sind. Wir werden wohl im Verlauf der kommenden Monate ein interessantes Aufblühen von Kryptowährungen und anderen alternativen Zahlungsmethoden erleben, um diesen Fehler zu kompensieren. Auch der Tauschhandel wird eine neue Blüte erleben. Der Iran hat bereits einige Jahrzehnte Sanktionen miterlebt, er weiß, wie man sich vorbereitet.
Der Artikel erschien ursprünglich auf der Seite von Karl von Habsburg.