Nach wie vor wird die 68er-Bewegung als eine Freiheitsbewegung gesehen. Ein Irrtum. Das Gegenteil ist der Fall. Ein Kommentar von Karl von Habsburg.
Unter den vielen Jahrestagen derer man heuer gedenkt, muss auch das Jahr 1968 genannt werden. Bekannt ist dieses Jahr insbesondere durch zwei Ereignisse geworden. Das eine ist der sogenannte Prager Frühling, der unter den sowjetischen Panzern niedergewalzt wurde.
Das zweite ist die sogenannte 68er-Bewegung, die den westlichen Teil Europas in Atem hielt. Einer der hotspots damals war Paris, das tagelang in einer Art Belagerungszustand war. Ich erinnere mich noch recht genau an die Rede des damaligen französischen Präsidenten Charles de Gaulle. Mein Vater, der ihn gut kannte, ermunterte uns damalige Kinder, mit ihm die Rede im Radio anzuhören. De Gaulle begann seine Rede mit dem Wort „non“. Nein. Er werde sich den Protesten nicht beugen. Die Botschaft war an Klarheit nicht zu überbieten.
Heute noch wird die 68er-Bewegung als eine Art Freiheitsbewegung gesehen. Manche bezeichnen die damaligen Ereignisse als eine Revolution. Wenn es eine Revolution war, dann hat diese Revolution ihre Kinder sehr schnell gefressen. Die 68er sind ja mit dem Anspruch einer Auflehnung gegen den Staat angetreten. Diese Geschichte des Rebellentums hält sich bis heute als Legende. Die Folgen der 68er-„Rebellion“ waren aber genau das Gegenteil. Keine Generation davor ist so bedingungslos in den Staatsdienst eingetreten wie die 68er.
Der Marsch durch die Institutionen war wohl eines der am meisten bürokratischen und etatistischen Manöver, das die Geschichte je gesehen hat. Es ging ja nicht nur um den Marsch durch die Institutionen, sondern um die Schaffung vieler neuer bürokratischer und zentralistischer Institutionen, die letztlich jenen bürokratischen und paternalistischen Staat geschaffen haben, unter dem wir heute vielfach leiden. 50 Jahre später glauben immer noch Menschen, die 68er-Bewegung wäre eine Freiheitsbewegung gewesen. Das Gegenteil ist der Fall. Sie hat Bürokratie und Zentralismus geschaffen. Bürokratie und Zentralismus sind Zwillinge, die direkt zum Verlust der Freiheit führen.
Ebenso evident ist die Sympathie dieser Bewegung für Tyrannen wie Mao, Pol Pot oder Fidel Castro, und ihre Schergen.
Nein, mit Freiheit hatte diese Bewegung wirklich nichts zu tun.
Der Artikel erschien ursprünglich auf der Seite von Karl von Habsburg.