Am 29. September haben die Österreicher und Österreicherinnen die Möglichkeit, den Nationalrat, also das Parlament, neu zu wählen. Die Paneuropabewegung Österreich wird als parteiunabhängige europäische Organisation keine Wahlempfehlung abgeben und auch keine spezifische Werbung für eine Partei machen. Das Angebot, über Inserate eine Botschaft an die Paneuropäer zu richten, wurde verschiedenen Parteien gemacht. Eine Partei hat dieses Angebot angenommen.
Wie aber schon bei früheren Wahlen stellen wir auch diesmal Kandidaten vor, die Mitglieder der Paneuropabewegung Österreich sind und für den Nationalrat kandidieren. Im konkreten Fall sind das Michaela Jana Löff, die auf der Liste der ÖVP kandidiert, sowie Dominik Oberhofer, der sich auf der Liste der NEOS dem Votum der Wähler stellt.
Wir haben beiden Fragen gestellt, die Politikbereiche aus dem Paneuropaprogramm betreffen. Aufgrund der gegebenen Lage spielen Außen- und Sicherheitspolitik eine wichtige Rolle bei diesen Fragen, aber auch die generelle Weiterentwicklung der Europäischen Union und die Positionierung Österreichs in dieser Weiterentwicklung werden behandelt. Hier die Antworten von Dominik Oberhofer.
Frage 1: Im Osten Europas tobt ein Vernichtungskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die Ukraine kämpft dabei um Ihr Überleben, verteidigt aber damit gleichzeitig Europa gegen die imperialistischen Ambitionen des russischen Despoten Vladimir Putin. Österreich ist ein Land, das den Ruf hat, sehr russlandfreundlich zu sein. Das zeigt sich in den wirtschaftlichen Aktivitäten österreichischer Firmen, die nach wie vor in Russland tätig sind aber beispielsweise auch in der Abhängigkeit von russischem Gas, wo es bisher keine Anzeichen gibt, durch einen Stopp der Gaslieferungen (wir bezahlen mehr für Gas an Russland als wir die Ukraine unterstützen) die Unterstützung des Krieges zu beenden. In der geltenden Sicherheitsstrategie Österreichs wird Russland (kurz vor Redaktionsschluss wurde eine neue Sicherheitsstrategie beschlossen, Anmerkung) immer noch als Partner bezeichnet. Wie bewerten Sie diese bisherige Haltung Österreichs und wie müsste sich ein neu gewähltes Parlament und eine neu bestellte Regierung in Zukunft gegenüber Russland positionieren?
Dominik Oberhofer: Katastrophal. Österreich ist schon heute ein Sicherheitsrisiko für den Westen und wenn es nach Kickl und seiner FPÖ geht, dann würden wir ganz offiziell die fünfte Kolonne Moskaus werden. Ich habe mich schon in meiner Zeit im Tiroler Landtag massiv gegen diese Russland-Verharmlosung eingesetzt. Überall in Europa werden die Sanktionen ernst genommen. Bei uns in Tirol wird, vor allem in den touristischen Hotspots wie Kitzbühel oder St. Anton, weggesehen, wenn sich russische und belarussische Oligarchen luxuriöse Feriendomizile anschaffen. Hier bei uns wird vor den Augen der lokalen Behörden russisches Geld weißgewaschen. Vermögen, das Putins Politikgünstlinge dem russischen Volk gestohlen haben. Einer der ersten Aufgaben des neugewählten österreichischen Parlamentes wird es sein, einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Russland-Connections einzuberufen. Es muss lückenlos geklärt werden, wo unsere Behörden und Verwaltung versagen.
Frage 2: Österreich leistet humanitäre Hilfe für die Ukraine, sieht sich aber aufgrund der Neutralität nicht in der Lage auch mit militärischem Gerät zu helfen. Die Neutralität gebietet Österreich, keinem Militärbündnis beizutreten und keine Truppen eines anderen Landes in Österreich zu stationieren. Experten interpretieren das als Möglichkeit, zumindest in Teilbereichen auch militärisch verwendbare Produkte als Unterstützung an die Ukraine zu liefern. Ein Beispiel dafür sind etwa Minenräumgeräte, die für die Entminung in den von der Ukraine befreiten Gebieten eingesetzt werden könnten. Wie bewerten Sie diese Möglichkeit?
Dominik Oberhofer: Wenn ich an die historisch gewachsene Verbindung zwischen Österreich und der Ukraine denke, dann würde ich nicht urteilen, dass unsere humanitäre Hilfe ausreichend ist. Wir haben in Tirol einen Beamten gehabt, der auf abenteuerliche Weise drei Ukrainische Jugendliche via Istanbul selbstständig nach Moskau „zurück gebracht“ hat. Jugendliche die vor dem Krieg und der russischen Invasion geflohen sind. Ich habe mich nicht nur persönlich um die Aufklärung des Falles bemüht, sondern im Zuge dessen auch eine massive Solidarität der Tiroler Bevölkerung für die Ukraine gespürt. Es hat große Anstrengungen gebraucht, dass die Tiroler Landesregierung hier aktiv wurde. Jetzt unterstützt das Land Tirol endlich auch finanziell Reha-Einrichtungen in der Westukraine. Noch sinnvoller wäre es aber, wenn wir Minenräumgeräte und andere militärisch verwendbare Produkte liefern würden, um zu verhindern, dass es überhaupt noch mehr solche Einrichtungen für Kriegsversehrte braucht.
Frage 3: Würden Sie sich dafür einsetzen, die Unterstützung für die Ukraine zu verstärken, und auch in der politischen Kommunikation klarer herauszuarbeiten, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine auch eine direkte Bedrohung für Europa und damit für Österreich darstellt? (Hier sei sowohl auf die Desinformationskampagnen als auch auf Cyberangriffe durch Russland und echte Attentate und Anschläge in EU-Ländern hingewiesen.)
Dominik Oberhofer: Ja, es ist eine absolute Notwendigkeit die Ukraine bestmöglich zu unterstützen. Ich bin beschämt, dass das bisher nicht der Fall war.
Frage 4: Österreich feiert im nächsten Jahr 30 Jahre Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Im Artikel 42 des EU-Vertrages ist die sogenannte Beistandspflicht im Falle eines bewaffneten Angriffes auf ein Mitgliedsland geregelt. Die sogenannte irische Klausel würde es Österreich in einem solchen Fall ermöglichen, von einem militärischen Beistand abzusehen. Dazu zwei Fragen:
Erstens: Können Sie sich vorstellen im Parlament für eine Erklärung zu stimmen, wonach Österreich diese irische Klausel nicht in Anspruch nehmen würde, und würden Sie eine solche Erklärung aktiv unterstützen?
Zweitens: Können Sie sich vorstellen, dass aus dieser Beistandspflicht eine echte europäische Verteidigungspolitik entwickelt wird, in der Österreich eine aktive Rolle spielt?
Dominik Oberhofer: Wir brauchen endlich eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union hat Österreich seine „immerwährende Neutralität“ de facto aufgegeben. Ausnahmeregelungen wie die „irische Klausel“ gehören beseitigt.
Frage 5: Die Paneuropabewegung setzt sich für eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik ein. Europäische Außenpolitik bedeutet nicht nur die Koordinierung der Außenpolitik von 27 Mitgliedstaaten durch den Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, sondern ein EU-Außenministerium mit einem europäischen Außenminister an der Spitze. Der würde dann vom direkt gewählten Europäischen Parlament kontrolliert. Das wäre eine Abgabe von Kompetenzen an die Europäische Union, wo diese Souveränität auch Wirkung entfalten könnte. Eine Forderung, die auch dem Subsidiaritätsprinzip entspricht. Würden Sie eine solche EU-Souveränität in der Außenpolitik unterstützen und welche Schritte könnten auf dem Weg dorthin gesetzt werden?
Dominik Oberhofer: Selbstverständlich unterstütze ich als Paneuropäer diese Forderung, nur so können wir die Union weiterbringen und den europäischen Einfluss in einer immer komplexeren Welt stärken. Mit Kaja Kallas wird eine starke liberale Politikerin EU-Außenbeauftragte und Vize-Präsidentin der Kommission. Politische Ämter werden nicht zuletzt von den Persönlichkeiten geprägt, die sie innehaben. Mein Vertrauen und meine Hoffnungen, dass sich mit ihr die Wahrnehmung des Amtes zum Positiven verändert, sind sehr groß.
Frage 6: Österreich ist ein Land, das von der EU-Erweiterung stark profitiert hat. Die Erweiterungspolitik ist eines der stärksten außenpolitischen Instrumente der EU. Trotzdem stockt es in der Erweiterungspolitik. Wo müssten hier in Zukunft aus österreichischer Sicht starke Initiativen gesetzt werden?
Dominik Oberhofer: Wir brauchen die Erweiterung dringender als das in Paris, Berlin oder Rom den Regierenden bewusst ist. Nicht nur am Westbalkan, sondern vor allem auch in Georgien nimmt der antieuropäische Einfluss stark zu. Mit einer unerträglichen Hinhalte-Politik stärken wir nur jene Kräfte, die uns bedrohen. Unter dem Deckmantel der BRICS-Staaten formiert sich eine neue antiwestliche Allianz, bestehend federführend aus Russland, China und neuerdings dem Iran. Diese Staaten investieren in Albanien, Montenegro, Nordmazedonien etc. in Bildungseinrichtungen und „Kulturforen“. Freundschaftsvereine sprießen dort aus dem Boden, mit dem einzigen Ziel, Propaganda zu verbreiten und Abhängigkeiten zu schaffen, während die EU seit bis zu 14 Jahren ohne finale Perspektive Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten führt.
Frage 7: Österreich ist ein Exportland. Mehr als 1,2 Millionen Arbeitsplätze sind mit dem Export verbunden, nach Angaben der Wirtschaftskammer entsprechen die Exporte mehr als 50 Prozent der Wirtschaftsleistung. Handels-
abkommen wirken nachweislich positiv auf den Export und die Handelsbeziehungen. Trotzdem schafft es Österreich aufgrund egoistischer Interessengruppen nicht, dem ausgehandelten Vertrag mit den Mercosur-Staaten zuzustimmen. Sehen Sie eine Chance, dass es hier in einem neu gewählten Parlament zu einer positiven Haltung zu solchen Handelsvereinbarungen kommt?
Dominik Oberhofer: Leider wird diese Frage nicht im Parlament entschieden, sondern realpolitisch bei Regierungsverhandlungen. Wir NEOS stehen hier weit und breit alleine da. Nicht zuletzt war es unser Abgeordneter Gerald Loacker, der alle parlamentarischen Instrumente dazu ausgeschöpft hat. Aber gegen eine Kampagne der größten Österreichischen Tageszeitung und des ÖVP-Bauernbundes knicken in der Republik fast alle ein.
Frage 8: In welchen Bereichen möchten Sie Ihre Schwerpunkte in der nächsten Legislaturperiode setzen?
Dominik Oberhofer: Ich komme aus der Wirtschaft. Ich sehe tagtäglich wie der Standort Österreich immer mehr an Attraktivität verliert. Die höchste Abgaben- und Steuerlast trifft auf einen völlig falsch verstandenen Föderalismus. Wir brauchen ausgabenseitig ein drastisches Sparpaket, das auf der einen Seite die Steuerzahler:innen entlastet und auf der anderen Seite dringend notwendige Reformen im Sozial- Bildungs- und Gesundheitssystem ermöglicht. Außerdem will ich für eine athletische, schlanke und transparente Verwaltung kämpfen. Es braucht vor allem eine Steuerautonomie für die Bundesländer, ähnlich dem Schweizer Modell. Das Geld muss dort eingehoben werden, wo es ausgegeben wird.
Beitragsbild c Reyer