In Wien fand die Schlusskonferenz des Projektes CITIMIG (Citizens looking for multidimensional Migration Challenges) statt. Das Projekt wurde vom Programm Europa der Bürger der Europäischen Union kofinanziert. Die Konferenz in Wien war die einzige Veranstaltung, die mit persönlicher Teilnahme stattfinden konnte.
Anfang des Jahres 2020 erhielt die Paneuropabewegung Österreich die Mitteilung, dass das eingereichte Projekt CITIMIG (Citizens looking for multidimensional Migration Challenges) für eine Förderung durch das Programm Europa der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union ausgewählt worden war. So sollten in sechs Konferenzen in sechs verschiedenen europäischen Ländern verschiedene Aspekte der Migration aber auch des interkulturellen Dialogs als Lösungsansatz diskutiert werden.
Die aktive Beteiligung von Bürgern und Bürgerinnen zur künftigen Gestaltung der europäischen Politik sollte darin eine wichtige Rolle spielen. Die Konferenzen sollten nicht nur fachliche und sachliche Aspekte besprechen, sondern auch die Möglichkeiten für einen inhaltlichen und persönlichen Austausch, Kontakte und Vernetzungen und einen interdisziplinären Austausch bieten. Eine Art interkultureller Dialog zwischen verschiedenen kulturellen Ausprägungen des sich einigenden Europa sollte dadurch Ansätze für die künftige Lösung von Problemen und Herausforderungen ermöglichen.
Beginnen sollte das Projekt mit einer Auftaktkonferenz in der slowenischen Stadt Marburg (Maribor), gefolgt von einer Tagung in der Hauptstadt Montenegros Podgorica, gefolgt von einer Konferenz im spanischen Valencia und anschließend einer im französischen Lyon. Danach stand eine Tagung in Catania auf Sizilien (Italien) auf dem Programm, und letztlich sollte das Projekt mit einer Konferenz in Wien beendet werden. Neben der Paneuropabewegung Österreich als Projektleiter und der Paneuropa Bewegung Slowenien als erfahrenem Projektpartner, waren jeweils Projektpartner an den Konferenzorten für die Tagungen verantwortlich.
NEUN PARTNER AUS ACHT LÄNDERN
Neben der schon erwähnten Paneuropa Bewegung Slowenien waren die Paneuropa-Union Montenegro sowie die Paneuropa-Union Ungarn Projektpartner. Dazu kamen das Centre for European Policy Studies (Belgien), die Euro-Mediterranean Economists Association (Spanien), das Europe´s Peoples´Forum (Dänemark), die Universität Catania (Italien), das Institute of Advanced Studies (Ungarn) sowie die Association Des Fondateurs Et Protecteurs De L´Institut Cathol (Frankreich).
Die Projektpartner kamen damit einerseits aus der Paneuropa-Union, andererseits aus anderen renommierten Institutionen. Mit Ausnahme der Paneuropa-Union Montenegro – das Land verhandelt derzeit über eine Aufnahme in die Europäische Union – kamen alle Partner in dem Projekt aus Ländern der EU.
Als das Programm für die Auftaktveranstaltung in Marburg fertig war, kam der erste Lockdown. In der Hoffnung, die Pandemie würde bald ein Ende finden, wurde die Konferenz verschoben, die bis dahin zweite Konferenz in Podgorica sollte nun den neuen Auftakt bilden. Den Auftakt bildete die Konferenz auch, allerdings nur online. Dieses Format der Online-Konferenz sollte danach den Rahmen für das Projekt bieten. Einzig die Abschlussveranstaltung in Wien konnte mit persönlicher Anwesenheit durchgeführt werden.
EUROPA HAT DIE CHANCE NICHT GENUTZT
Die Pandemie und die damit verbundenen Entwicklungen und nicht genutzten Chancen waren dann auch Themen bei der Einleitung der Abschlusskonferenz in Wien. So verwies Laris Gaiser, Präsident der Paneuropa Bewegung Slowenien, auf ein 2011 publiziertes Strategiepapier zur europäischen Verteidigung. Darin wurde als Szenario bereits eine Pandemie beschrieben, die aus Asien kommt. Europa hätte also vorbereitet sein müssen, hielt Gaiser fest, war es aber nicht. Das Prinzip der Solidarität ist in den europäischen Verträgen vorhanden, es gibt sogar einen Kommissar für Krisenmanagement. Es waren also Instrumente für ein europäisches Krisenmanagement vorhanden. Was allerdings gefehlt hat, war die politische Führung in der Krise. „Es gab und gibt keine strategische Führung für Europa“, hielt Laris Gaiser fest.
GRENZSCHLIESSUNGEN STATT SOLIDARITÄTSPRINZIP
Noch dazu handelt es sich bei der Pandemie um ein generelles Problem, weil alle Bürger betroffen waren. Es betraf also nicht nur nationale Interessen. Aber anstatt auf Koordination oder Zusammenarbeit zu setzen, hat man einfach die Grenzen geschlossen.
Dabei wäre die Pandemie das Ereignis gewesen, um die EU zu einigen, um jedem Bürger klarzumachen, dass in einer solchen Krise die Solidarität funktioniert. Es war auch kein politisches Problem, und die Instrumente wäre vorhanden gewesen. Man hat geglaubt eine Pandemie, also ein globales Problem, mit nationalen Lösungen – Schließung der nationalen Grenzen – lösen zu können. Die Chance aber wurde nicht genutzt. Es gab zuviel Nationalismus.
„Wir haben uns nicht weiterentwickelt“, stellte Laris Gaiser lapidar fest. „Wir müssen uns selber die Frage stellen, was wir ändern müssen, auch um das politische Personal in die richtige Richtung zu bringen. Wenn wir das jetzt nicht machen, dann werden wir bei den großen politischen Problemen auch nicht weiterkommen.“
Karl von Habsburg, Präsident der Paneuropabewegung Österreich, der als einer von zwei Rednern der Konferenz online zugeschaltet war, bezog sich in seiner Einleitungsrede auf die Prinzipien, die am Anfang der europäischen Einigung standen. Damit bezog er sich sowohl auf die Entstehung der Paneuropa-Union nach dem Ersten Weltkrieg als auch auf das konkrete Friedensprojekt nach 1945. Wenn man die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte beobachtet, dann wird man feststellen, dass sich weltweit die Zahl der Länder, die man Demokratien nennen kann, erhöht hat. Dahinter stehen Grundsätze und Werte und auch die Idee der Freiheit. Das sind für Karl von Habsburg zivilisatorische Errungenschaften. Daraus zog er den Schluss, dass man nicht nur über die Gefahren reden dürfe, vor denen wir stehen, sondern „wir können aus der Geschichte der europäischen Entwicklung heraus Lösungen anbieten. Das Wertefundament Europas ist Teil der Lösung. Der interkulturelle Dialog ist ein Instrument, das wir nutzen können.“
NATIONALE SCHEINLÖSUNGEN
Karl von Habsburg betonte, dass die Europäische Union ein gutes, vernünftiges Institutionengefüge zur Verfügung hat. Deshalb lehnt er Rückschritte in den Nationalismus, und damit auch nationale Scheinlösungen bei globalen Herausforderungen ab. Für ihn gibt es keine Alternative zu Europa.
Walburga Habsburg Douglas, die Vizepräsidentin der Paneuropa-Union, nutzte die erste echte Konferenz nach vielen Monaten, um auf die Bedeutung des persönlichen Zusammentreffens und auch des persönlichen Gespräches für viele Berufsgruppen, aber auch für die Politik hinzuweisen. „Nur wenn Leute echt zusammenkommen, kann sich eine Diskussionskultur ergeben, die ja unter anderem Sinn dieses Projektes ist.“ Dabei betonte sie die Notwendigkeit des politischen Engagements für die Weiterentwicklung der Europäischen Union.
Regierungskonferenzen seien administrativ immer sehr gut organisiert, aber es müssen Inhalte auch aus der Bürgergesellschaft kommen, umriss sie ihre Forderung nach Bürgerbeteiligung für die Konferenz zur Zukunft Europas. Aus Sicht von Paneuropa sollten so wichtige Themen wie eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik, aber genauso der freie Binnenmarkt verstärkt in den Vordergrund rücken. Walburga Habsburg Douglas richtete einen eindringlichen Appell an die Wiederherstellung der Schengen-Freiheit: „Wir wollen die Grenzen wieder öffnen. Wir haben gesehen, was alles nicht funktioniert, wenn die Grenzen geschlossen sind.“
c Fotos: Matthias Dolenc