Die Integration der Länder Südosteuropas stand im Mittelpunkt einer Tagung der Paneuropa-Union Montenegro in Zagreb. Eine bessere Kommunikation der Erweiterungsstrategie ist genauso notwendig wie eine Rückkehr zu den eigentlichen Grundprinzipien Europas. Von Rainhard Kloucek
Die während auf der Tagung verabschiedete Resolution kann im englischen Original hier nachgelesen werden. Eine montenegrinische Version findet sich hier. Eine deutsche Übersetzung findet sich am Ende des Artikels.
Montenegro ist neben Serbien das zweite Land Südosteuropas – im EU-Jargon normalerweise Westbalkan genannt –, für das ein mögliches Beitrittsdatum zur EU mit dem Jahr 2025 beziffert wird. Die Erreichung dieses Zieles ist eine der Haupttätigkeiten der Paneuropa-Union Montenegro. „Konzentration auf die Arbeit“ war deshalb die Kernaussage von Gordana Djurovic, Präsidentin der jüngsten Paneuropa-Organisation, die gleichzeitig zu den aktivsten zählt. Die Wirtschaftsprofessorin, die auch schon ein Ministeramt in einer früheren Regierung inne hatte, legt dabei viel Wert auf eine klare Kommunikationsstrategie. Ein Teil dieser Strategie war die zweite Konferenz, die in Kooperation mit der Paneuropa-Union Kroatien Ende September in der kroatischen Hauptstadt Zagreb stattgefunden hat. Die erste Konferenz fand im November des Vorjahres in Podgorica, der Hauptstadt Montenegros statt (siehe „Paneuropa Österreich“ 6/2017, Seite 8ff).
MONTENEGRO WILL 2025 DAS ZIEL EU ERREICHEN
Was diese Arbeit für Montenegro konkret bedeutet, erläuterte Gordana Djurovic mit einem Zahlenbeispiel. Wenn Montenegro tatsächlich 2025 der EU beitreten will, dann müssen, so ihre Annahme, 2023 die Beitrittsverhandlungen abgeschlossen sein. Damit dies wiederum gelingen kann, ist es notwendig, jedes Jahr sechs bis acht Kapitel abzuschließen. Bisher sind drei Kapitel vorläufig abgeschlossen.
Dass dafür aber nicht nur die Bereitschaft der Beitrittsländer notwendig ist, betonte der kroatische Europaparlamentarier Tonino Picula. Er sprach von der Notwendigkeit eines „rebranding“ der Erweiterung. Die Erweiterung, so der Europaparlamentarier, war eines der erfolgreichsten Projekte. Dejan Hribar, Generalsekretär der Paneuropa Bewegung Slowenien, erinnerte an Umfragewerte, die klar zeigen, dass die Zustimmung zur EU in den Ländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Makedonien, Montenegro und Serbien höher ist als in vielen EU-Ländern. In Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs sei immer alles in Ordnung, aber bei einer schlechten Lage kommen Populisten und Nationalisten hoch.
JUNCKER MUSSTE SEINE AUSSAGE KORRIGIEREN
Gefordert ist in der Frage auch die EU. Hribar erinnerte an die Antrittsrede von Kommissionspräsident Juncker, in der er eine Erweiterung für die nächsten fünf Jahre ausgeschlossen hatte. Nun hat er in seiner letzten Rede zur Lage der Union diese Aussage korrigiert.
Vielfach wurde in der Konferenz betont, wie notwendig eine Rückbesinnung in der europäischen Politik auf die eigentlichen Werte Europas und die ursprüngliche Idee der Einigung sei. So kritisierte Alain Terrenoire, Präsident der Paneuropa-Union, die EU sei zu einer „bürokratischen Aristokratie“ geworden, doch es gehe darum, Europa auf der politischen Weltbühne wieder handlungsfähig zu machen, und der europäischen Sicherheitspolitik Vorrang zu geben. Pavo Barisic, Generalsekretär der Paneuropa-Union, verlangte eine faktenbasierte Diskussion über Werte, und kritisierte, dass die in den Verträgen festgehaltenen Werte, die wiederum Voraussetzung für den EU-Beitritt sind, heute in Frage gestellt werden. Bernd Posselt, Präsident der Paneuropa-Union Deutschland forderte ein Ende des Monopols der Nationalstaaten.
In einem eigenen Panel, moderiert von der Paneuropa-Jugend, ging es um die Frage, wie sich junge Leute in den Erweiterungsprozess einbringen können. Auch dabei wurde, beispielsweise von Stefan Haböck, dem Referenten für internationale Beziehungen in der Paneuropabewegung Österreich, der Aspekt der Sicherheit aber auch die Frage der Korruptionsbekämpfung thematisiert.
DIE POLITISCHE DEBATTE MUSS VERBESSERT WERDEN
In einer einstimmig verabschiedeten Resolution wurde eine „Verbesserung der politischen Debatten in der Region, um die Erreichung der EU-Kriterien in unseren Ländern zu unterstützen, um zu einer rascheren EU-Integration beizutragen und um ein vereintes, starkes und stabiles Europa zu bilden“ gefordert. Ein verbesserter „Dialog zwischen den europäischen Institutionen, den EU-Mitgliedsstaaten und den Ländern Südosteuropas“ wird als eine der Aufgaben der Paneuropa-Union definiert.
SOFIA-AGENDA FÜR WEITERE SCHRITTE NUTZEN
Betont werden die Bemühungen Bulgariens während der Ratspräsidentschaft, wo mit der Sofia-Agenda neue Schritte gesetzt wurden. Darauf und auf den Arbeiten der österreichischen Ratspräsidentschaft aufbauend müsse auch während der Ratspräsidentschaft Rumäniens der Weg zur Integration Südosteuropas fortgesetzt werden, um so beim nächsten Westbalkangipfel in Kroatien 2020 weitere Fortschritte erzielen zu können. Vergisst die EU auf die Region, so die klare Aussage (die Rede von Kommissionspräsident Juncker zitierend), „werden andere Kräfte unsere direkte Nachbarschaft in ihrem Sinne prägen“. „In diesem Sinne“, so der Schluss der Erklärung, „befürworten wir ein stabiles, starkes und vereintes Europa, inklusive der Länder Südosteuropas – ein für alle Mal!“
Deklaration der Teilnehmer der zweiten internationalen Konferenz der Paneuropa-Union Montenegro
Für Europa: Kommunikation der europäischen Integration zwischen den EU-Mitgliedsländern und den Erweiterungsländern
CEPES-Projekt – Europa in den Paneuropa-Organisationen kommunizieren, kofinanziert durch Erasmus und Programme der EU
Zagreb, 22. September 2018
Wir, die Teilnehmer der zweiten internationalen Konferenz der Paneuropa-Union Montenegro, die in der kroatischen Hauptstadt Zagreb durchgeführt wurde, drücken unseren Willen aus, eine bessere Kommunikation über den europäischen Integrationsprozess Zwischen den Europäischen Instiutionen, den Mitgliedsstaaten, den Kandidatenländern und den potentiellen Kandidatenländern in Südosteuropa zu unterstützen, um so den dynamischen Integrationsprozess Montenegros und aller anderem Länder der Region in die Europäische Union zu unterstützen. Wir setzen uns ein für:
Für Europa durch eine bessere Kommunikation
Durch die Verbreitung der europäischen Werte und der Erreichung der wichtigsten Ziele unserer Organisation streben wir nach einer Verbesserung der politischen Debatten in der Region, um die Erreichung der EU-Kriterien in unseren Ländern zu unterstützen, um zu einer rascheren EU-Integration beizutragen und um ein vereintes, starkes und stabiles Europa zu bilden. Wir sind überzeugt, dass eine bessere Kommunikation ein starkes Instrument ist für einen verbesserten Dialog zwischen den europäischen Institutionen, den EU-Mitgliedsstaaten und den Ländern Südosteuropas. In diesem Sinne soll fördern die Paneuropa-Organisationen den Dialog zwischen allen Teilhabern, der Regierungen, die akademische Gemeinschaft, die Zivilgesellschaft, Bürger und Medien eingeschlossen.
Umsetzung der Sofia Agenda
Eine Erneuerung des Erweiterungsprozesses befürwortend begrüssen wir die Schlussfolgerungen des EU-Westbalkan-Gipfels am 17. Mai 2018 in Sofia. Sie bestätigen die europäische Perspektive der Region und legen eine Reihe von konkreten Aktionen zur Stärkung der Zusammenarbeit in den Bereichen Konnektivität, Sicherheit, Migration und Rechtsstaatlichkeit fest. Die Sofia-Agenda unterstützt die sozioökonomische Entwicklung und legt einen speziellen Fokus auf die Jugend, fördert eine digitale Agenda für die Region, unterstützt die Versöhnung und gut nachbarschaftliche Beziehungen. Die EU hielt ihren ersten Gipfel mit den Vertretern der Region seit 15 Jahren. Dieses verstärkte Engagement bringt mehr Sicherheit, Stabilität und Prosperität und verbindet die Wirtschaft und die Menschen.
Ein Europa, das schützt, stärkt und verteidigt
Wir sehen die Notwendigkeit einen stärkeren Fokus auf Fragen der Sicherheit und den Kampf gegen die illegale Migration zu legen, Prosperität und Wettbewerbsfähigkeit durch Digitalisierung und Stabilität in der europäischen Nachbarschaft zu sichern, was durch die österreichische Ratspräsidentschaft gefördert wird. Eine der drei Prioritäten ist „Stabilität in der europäischen Nachbarschaft – die EU-Perspektive für den Westbalkan/Südosteuropa“. Den erwähnten Aktivitäten der österreichischen Präsidentschaft folgend wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass Rumänien, ein Balkanland, das Thema Westbalkan ganz oben auf die Prioritätenliste setzt, inklusive der Beitrittsverhandlungen und weiterer Schritte die EU-Integration aller Länder betreffend (Gipfel in Hermannstadt am 9. Mai 2019). Das verstärkte Engagement zur Erweiterung soll 2019 durch Finnland weitergeführt werden, und insbesondere in Hinblick auf den EU-Westbalkan Gipfel in Kroatien 2020 verstärkt werden.
Für ein verstärktes Engagement in der Region
Wir anerkennen und schätzen das deutlich gesteigerte Engagement der Europäischen Kommission im vergangenen Jahr. Im Februar 2018 hat sie eine ambitionierte Westbalkan-Strategie vorgeschlagen. Dieser Zugang durch die Kommission macht weitere Fortschritte möglich. Zwischen Athen und Skopje wurde ein historisches Abkommen zur Lösung des Namensstreites erreicht. Das Grenzabkommen zwischen Kosovo und Montenegro wurde ratifiziert. Die Kommission hat dem Rat die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Makedonien vorgeschlagen. Montenegro und Serbien machen in ihren Gesprächen Fortschritte, Bosnien-Herzegowina kleine aber wichtige Schritte in die richtige Richtung macht, konkret durch die Beantwortung der Fragen der Kommission zum Beitrittsantrag, was der Kommission erlaubt, die Arbeit fortzusetzen. Und die Empfehlung für die Visaliberalisierung für den Kosovo wurde 2018 durch die Kommission bestätigt.
Für eine stabilere und in die EU integrierte Region
Wir begrüssen die Aussage von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union 2018, in der er betonte, dass „wir nicht eine Sekunde verlieren dürfen, wenn es darum geht, an einem enger vereinten Europa zu arbeiten. Europa kann Stabilität exportieren, so wie das bereits bei den vorherigen Erweiterungen der Union geschehen ist. Für mich sind und bleiben diese Erweiterungen Erfolgsgeschichten, weil es uns gelungen ist, Geographie und Geschichte der europäischen Länder aufs Neue zu vereinen. Doch es bleibt noch viel zu tun. Wir müssen ein für alle Mal zu einer unwiderruflichen Haltung zum Westbalkan gelangen. Andernfalls werden andere Kräfte unsere direkte Nachbarschaft in ihrem Sinne prägen.“ In diesem Sinne befürworten wir ein stabiles, starke und vereintes Europa, inklusive der Länder Südosteuropa – ein für alle Mal!
Crnogorska panevropska unija
Paneuropa Union Montenegro