Ein Weihnachtswunder im Nahen Osten?

Es ist gemeinhin abzusehen, dass der Krieg in Syrien sich langsam dem Ende zuneigt. Zumindest im Süden des Landes, zumindest in dem durch die Regierung in Damaskus kontrollierten Gebiet. Die Kräfte im Land sind einfach aufgezehrt. Daneben hat sich eine Achse von Regionalmächten im größeren Umfeld herauskristallisiert, die gewillt sind, Verantwortung zu übernehmen und den Krieg zu einem Ende zu bringen.

Allerdings sind diese Regionalmächte – Russland, Iran und die Türkei – nicht diejenigen Kräfte, die am Anfang des Konfliktes standen. Das Ziel, den Diktator Assad zu beseitigen, ist zumindest vorübergehend unwahrscheinlich geworden. Der Anspruch, Syrien in eine funktionierende Demokratie umzuwandeln wird derzeit nur noch von realitätsfremden Träumern erhoben.

Also beginnt man sich langsam auf die Zeit nach dem Krieg einzustellen, eine Zeit die immer noch durch Assad bestimmt sein wird. Die Korruption beginnt bereits jetzt verstärkt um sich zu greifen. So geht man davon aus, dass der hoch angesehene syrische Generaldirektor für Museen und Archäologie, Prof. Maamoun Abdulkarim, erst vor wenigen Wochen aus seiner Position entlassen wurde und das Land verlassen musste, da er sich weigerte, bei einer illegalen Neuverteilung von Grundstücken rund um die wichtigsten Kulturstätten des Landes seine Zustimmung zu geben.

So kommen wir zu der Zeit, wenn Assad gezwungen sein wird seine im Krieg eingegangenen Schulden zu begleichen. Die Schulden an Russland werden wahrscheinlich durch die Ermöglichung einer verstärkten Präsenz am Mittelmeer beglichen. Der Hafen von Tartus und die Luftwaffenbasis Latakia sind mehr als genug Bezahlung.

Wie aber werden die Schulden an diejenige Gruppe entrichtet, die einen erheblichen Teil der infanteristischen Last zu tragen hatte? Die Rede ist hier von der schiitischen Hisbollah Miliz, die ursprünglich im Libanon beheimatet ist, aber mit Iranischer Unterstützung in Syrien zum Einsatz kommt. Hier geht man davon aus, dass die Hisbollah möglicherweise mit einer autonomen Region im Süden von Syrien entlohnt werden soll. Immerhin war es immer ihr Anspruch ein selbstverwaltetes Territorium zu besitzen.

Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass Israel ein vom Iran unterstütztes autonomes Gebiet in seiner unmittelbaren Nachbarschaft tolerieren wird. Alle Truppenbewegungen innerhalb Israels deuten darauf hin, dass es einen Präventivschlag gegen die Hisbollah im Libanon, aber möglicherweise auch in Syrien geben wird. Und dieser Schlag müsste natürlich erfolgen, bevor sich die Hisbollah autonom konstituiert, also bevor der Krieg in Syrien zu Ende geht.

Immer wieder hoffe ich, dass die Schlussfolgerung aus dieser Analyse falsch ist, also ein weiterer Krieg im Nahen Osten unterbleibt. Leider sind die Anzeichen dafür nicht gut. Oder können wir doch auf ein Weihnachtswunder hoffen?

Der Artikel ist ursprünglich auf der Seite von Karl von Habsburg erschienen.