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EU brauchte klare Strategie gegenüber China

Trump twittert sich durch die Außenpolitik, Russland schafft militärisch Fakten im Nahen Osten und China baut die Seidenstraße nach – wo steht Europa geopolitisch? Ein Kommentar von Stefan Haböck.

Schön öfters haben wir als Paneuropa Bewegung Österreich kritisiert, dass verhältnismäßig wenig bis gar nicht tiefgehend über politische Vorgänge in Osteuropa oder auch Russland berichtet und debattiert wird  und das Verständnis für diese Regionen oft fehlt.

Während das Interesse an US-Politik, klarerweise beeinflusst durch starke amerikanische Popkultur aber auch durch das leichter verständliche Englisch, sehr hoch ist, geht eine Region dieser Welt völlig spurlos an uns vorbei: Asien.

Nachdem es vermessen wäre die enorme Vielfalt asiatischer Staaten und Völker als „eine Region“ zu bezeichnen, konzentrieren wir uns auf das Land, welches wohl wirtschafts-, außen- und sicherheitspolitisch der mächtigste Player ist: China.

China will auf die Weltbühne

Die Volksrepublik China – 1,4 Milliarden Menschen, autoritär regiert von der Kommunistischen Partei und ihrem Generalsekretär, dem Staatspräsidenten Xi Jinping.

China – Atommacht, Exportweltmeister, jährliches Wirtschaftswachstum rund 6 – 7 Prozent. Ein Land mit reicher, wechselvoller und langer Geschichte und einem immer stärker werdenden Selbstbewusstsein.

Dieses Land schickt sich an, seine Rolle auf der Weltbühne der Politik einzunehmen. Seit 2009 ist China schon der größte Investor und Handelspartner für den afrikanischen Kontinent. In Europa tritt Afrika nur in Verbindung mit der Kolonialgeschichte, Armut, Flüchtlingswellen und Despoten in Erscheinung. Für China hingegen sind die afrikanischen Staaten eine Chance für Handel und politischen Austausch.

Das Handelsvolumen liegt mittlerweile bei über 300 Milliarden Dollar. China importiert Eisenerz, Kohle, Mineralien und sonstige Rohstoffe (zum Beispiel Erdöl aus Angola) und liefert im Gegenzug Maschinen und Konsumgüter. Der Einfluss Europas ist, abgesehen von militärischen Kooperationen zum Beispiel von Frankreich in Mali, minimal. Man geht davon aus, dass der Putsch in Simbabwe durch Duldung China so reibungslos über die Bühne gehen konnte.

Die neue Seidenstraße – Wirtschafts– oder beinharte Machtpolitik?

Nun strebt China nach mehr und hat vor einigen Jahren das ehrgeizige Projekt „OBOR – One Belt, One Road“ (New Silk Road Project) ins Leben gerufen. Oder vereinfacht: China will die Seidenstraße neu beleben.

65 Länder, 70 Prozent der Weltbevölkerung, drei Kontinente, mehrere hundert Milliarden Dollar Budget – das Projekt Neue Seidenstraße soll der bestimmende Faktor der – staatlich gesteuerten – chinesischen Politik werden. In Afrika erprobt China das Projekt schon. Mehr als 66 Milliarden Dollar wurden in den vergangen 12 Jahren investiert, 130.000 Jobs geschaffen. Und das soll erst der Anfang sein. Investitionen und Beteiligungen an Häfen, handelsstützpunkten, Unternehmen sollen Chinas Einfluss in Afrika sichern und ausbauen. Rund 80 Prozent der Investitionen sind staatliche Investments Chinas – dass es sich dabei um rein (privat)wirtschaftliche Interessen handelt ist wohl kaum anzunehmen.

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Das Projekt One Belt, One Road (kurz OBOR; chinesisch 一帶一路 / 一带一路, Pinyin Yídài Yílù ‚Ein Band, Eine Straße‘) bündelt ab 2013 die chinesischen Ziele zum Aufbau eines interkontinentalen Infrastruktur-Netzes zwischen China, weiteren Ländern Asiens, Europa und einigen Ländern Afrikas.

 

Einfluss auf Europa?

Europa, politisch gelähmt durch die Diskussion rund um das Thema Flüchtlinge, spielt in Afrika eine untergeordnete Rolle. Dafür steht die Europäische Union nun auf der Prioritätenliste Chinas und dem Projekt Neue Seidenstraße.

Nachdem China nach der Finanzkrise vor allem in südlichen Ländern (Spanien, Italien,…) investiert hat, stehen nun die Staaten Mittel- und Osteuropas im Fokus. Im November tagte die 16+1 Gruppe in Budapest. 16 Staaten aus Mittel- und Osteuropa und China trafen einander, um über Infrastrukturinvestitionen zu verhandeln.

Eines der Projekte, die Bahnlinie Budapest – Belgrad, musste wegen etwaiger Umgehung verpflichtender EU-Ausschreibung gestoppt werden. Andererseits gelten viele der strengen EU-Bestimmungen am Westbalkan noch nicht, weswegen Montenegro, Serbien oder Bosnien-Herzegowina zu begehrten Partnern Chinas werden.

Prinzipiell wird auch seitens der Europäischen Union begrüßt, wenn die Staaten Handelsbeziehungen unterhalten. Gerade Ausbau der Infrastruktur kommt allen zu Gute. Ein Unbehagen bleibt aber. Denn verbunden mit den massiven Investitionen des autoritär regierten Chinas ist natürlich auch politischer Einfluss. Man befürchtet zudem, dass Peking die Zahlungen an „EU-kritische“ Regierungen vor allem in Mittel- und Osteuropa die nutzen könnte, um in Brüssel einen Keil zu treiben.

Standpunkt der Europäischen Union: Fairer Handel, fairer Wettbewerb

Beim Seidenstraßen-Gipfel im Mai 2017 dominierten vor allem autoritär geführte Staaten wie Türkei, Russland, Kasachstan, Weißrussland oder die Philippinen. Die EU-Staaten unterzeichneten die Abschlusserklärung nicht. Offiziell spricht man von „die Seidenstraße darf keine Einbahn werden“ – ein Satz, den auch der französische Staatspräsident Macron bei seinem aktuellen Besuch in China benutzte.

Der Hintergrund ist ein einfacher aber richtiger: Europa muss im Sinne eines fairen und freien globalen Wettbewerbs unbedingt darauf achten, dass der chinesische Staat nicht den Protektionismus salonfähig macht und mit Dumping, Staatswirtschaft und Kapital statt mit in einen Rechtsrahmen eingebetteten Wettbewerb der Innovation europäische Firmen überrumpelt.

Durch den Rückzug der USA vom Freihandelsparkett hat sich für die EU eine Chance eröffnet, die Spielregeln für globalen Handel deutlich mitzugestalten. Die Abkommen mit Kanada (CETA), Japan (JEFTA), Südkorea oder Mexiko geben eine klare Richtung vor. China hat großes Interesse am europäischen Markt und an europäischen Know-How – die (versuchten) Übernahmen von zum Beispiel deutschen Industriebetrieben durch chinesische Investoren zeigen dies deutlich. Knackpunkt ist aber, dass europäische Firmen und Investoren in China bei Weitem nicht dieselben Möglichkeiten haben. Ein Ungleichgewicht, das nur mit der Stärke der Europäischen Union bereinigt werden kann.

Seit Jahren gibt es auf WTO-Ebene Verhandlungen über den – von China sehnsüchtig erwarteten – Marktwirtschaftsstatus für die staatlich gelenkte Wirtschaft der Volksrepublik. Ende 2017 traten die neuen Anti-Dumping-Regeln der Europäischen Union endlich in Kraft (s. hier: http://ec.europa.eu/trade/policy/accessing-markets/trade-defence/actions-against-imports-into-the-eu/anti-dumping/ ).

China ist sich bewusst, dass es sich an die Spielregeln von Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und Investorenschutz halten muss, will es die Vorteile des europäischen Marktes nutzen. Hier besteht die große Chance, eine Öffnung des chinesischen Marktes hin zu einer echten wettbewerbsorientierten Region durch Verhandlung zu erreichen.

Gefahr durch kurzfristig gedachten Nationalismus

Zu Recht wird angemerkt, dass ein zu großer Einfluss Chinas und eine durch Investitionen erkaufte Abhängigkeit nationalistisch agierender Regierungen mancher EU-Staaten die Position der EU in den Verhandlungen mit China schwächen könnte.

Und tatsächlich sind rein national gedachte Strategien zu kurz gedacht. Eine Profilierung durch „ans Land ziehen großer Investitionen“ mag einer Regierung kurzfristig Popularität verschaffen. Zu glauben, dass ein Land sich aber ohne Einbettung in die EU wirtschafts- oder machtpolitisch gegen große Staatsinvestoren wie China – oder bei Energielieferungen auch Russland – durchsetzen kann, ist naiv.

Wettbewerb zwischen Rechtsstaaten muss das Ziel sein

Das Ziel Europas kann es daher nicht sein, sich einerseits vom globalen Markt abzuschotten (wie es viele linke und rechte Regierungen oder Organisationen propagieren). Weswegen eine strategische Partnerschaft und Investitionsabkommen mit China begrüßenswert sind. Aber es kann eben auch nicht das Ziel Europas sein, dass ein protektionistischer Staat die Spielregeln vorgibt. Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Wettbewerb und Investorenschutz sind unerlässlich für fairen globalen Handel. Europa muss stark genug sein, diese Prinzipien gegenüber China durchsetzen zu können. Eine Torpedierung dieses Ziels, welches allen europäischen Unternehmen faire Chancen in Asien bietet, wäre verantwortungslos und gefährlich.

Verantwortungslos und gefährlich ist es jedenfalls auch, Asien medial und in der politischen Debatte völlig außer Acht zu lassen. Die instabile Atommacht Pakistan, das größte muslimische Land Indonesien mit 220 Millionen Einwohnern, Indien – mit über 1 Milliarde Menschen die größte Demokratie der Welt oder eben China mögen weniger Entertainmentwert haben als die Tweets von Trump und Co., realpolitisch sind sie aber jedenfalls eine große Herausforderung für Europa und die wirtschafts-, sicherheits- und geopolitische Stabilität der Welt. Die USA spielen eine enorm wichtige Rolle aber: sie sind ein Rechtsstaat mit Checks und Balance, freien Wahlen, freien Medien und einer starken Zivilgesellschaft. China nicht. Das rechtfertigt noch keinen moralisch erhobenen Zeigefinger, aber eine tiefgehende Analyse und Beschäftigung mit diesem asiatischen Staat und seiner Politik.

Stefan Haböck ist Referent für europäische und internationale Angelegenheiten im Präsidium der Paneuropa Bewegung Österreich.

Stefan Haböck ist Referent für europäische und internationale Angelegenheiten im Präsidium der Paneuropabewegung Österreich.

 

Stefan Haböck ist Referent für internationale Fragen der Paneuropa-Bewegung Österreich.