Wie soll die Europäische Union mit China umgehen? Menschenrechte zählen für Peking genauso wenig wie Meinungsfreiheit. Ein Kommentar von Ludwig Bayer.
Australischer Wein, in China gern gebechert, wurde durch Strafzölle so verteuert, dass die Sauf-Literzahl sinkt. Auslöser sind Äußerungen australischer Politiker und Medien über Menschenrechte. Ein chinesischer Minister erklärte, die australische Regierung habe wohl die Presse nicht im Griff. Ein Land, das seine Journalisten frei arbeiten lässt, erscheint ihm als schwach und dekadent. China hingegen, so denkt er als Teil der herrschenden „neuen Klasse“, könne die Meinungsfreiheit weltweit ablehnen. Nach diesem Schema werden auch europäische Firmen abgestraft, wenn sie Kritik an der Zwangsarbeit in chinesischen Lagern üben. Der schwedische Modekonzern H&M hat dies gewagt. Es folgte Boykott.
Es ist blanke Illusion, anzunehmen, wir könnten durch Appelle den Uiguren helfen oder den politischen Kurs Pekings beeinflussen. Das kürzlich erschienene Buch „Drachentanz – Chinas Aufstieg zur Weltmacht“ von Matthias Naß (C.H.Beck-Verlag) beschreibt kenntnisreich, wie Chinas Innenleben funktioniert. Der große Führer Xi Jinping hat eigene Ideen mit dem Marxismus-Leninismus vermengt und diese Mixtur zur Staatsreligion (besser: Ersatzreligion) stilisiert. Massenmedien und Erziehungswesen unterliegen der Gleichschaltung.
Westliche Werte könnten das Pekinger Herrschaftssystem zum Wackeln bringen; sie werden deshalb bekämpft. Es ist leider nutzlos, dies anzuprangern.
Trotzdem haben EU-Politiker das Unmögliche probiert. Einreiseverbote folgten. Brüssel wiederum reagierte verschnupft und fror die Verhandlungen mit Peking über einen Investitionspakt ein. Dies aber ist ein Schuss ins eigene Knie. Die europäische Wirtschaft braucht Verträge, die das geistige Eigentum schützen und „mehr Reziprozität beim Marktzugang“ (Merkel) sichern. Die Interessen der EU erfordern, dass wir uns auf einen Drachentanz einlassen, Chinas Machtausübung innerhalb seiner eigenen Grenzen als innere Angelegenheit erdulden, zugleich aber unsere Politiker anfeuern, mit Peking hart zu verhandeln. Ziel muss sein, die gegenseitige (!) Nichteinmischung in innere Belange zu akzeptieren und die Wirtschaft der EU zu stärken.
Beitragsbild Shanghai, c EU 2017