Die europäische Einigung muss aus der gesellschaftspolitischen Ideologisierung herausgehalten werden. Ein Kommentar von Paneuropa Österreich Generalsekretär Rainhard Kloucek
Ungarn will in seine Verfassung schreiben, dass die Mutter eine Frau und der Vater ein Mann ist. Komisch, könnte man denken. Diese Ungarn wollen etwas in die Verfassung schreiben, das doch jedem kleinen Kind klar ist. Oder hat schon einmal ein Mann ein Kind geboren und sich somit zur Mutter gemacht?
Aber so selbstverständlich ist das nicht. Denn es gibt die Gender-Ideologie, der folgend es gar kein biologisches Geschlecht mehr gibt, sondern das alles nur eine soziales Konstrukt sei. Diese Ideologie nimmt heute eine dominante Stellung ein. Ungarn wird also aus den europäischen Institutionen gescholten.
Und dann ist da noch die Geschichte mit der Rechtsstaatlichkeit. Die hat zwar nicht direkt etwas mit der Gender-Ideologie zu tun, aber derentwegen steht Ungarn auch am Pranger. Auch wenn es da beispielsweise um Kontrollmöglichkeiten bei der Vergabe von EU-Geldern geht, vermischt sich das auf beiden Seiten. Die ungarische Regierung kann so zu Hause behaupten, unter dem Titel der Rechtsstaatlichkeit werde dem Land eine Ideologie übergestülpt, die mit Ungarn und seiner Tradition nichts zu tun hat. Da sich Viktor Orban schon von der liberalen Demokratie verabschiedet hat, fällt es seinen Gegnern leicht, ihn mit dem Argument des liberalen Rechtsstaates zu prügeln. Schließlich blockiert er Rechtsstaatlichkeitskriterien bei der Vergabe von EU-Geldern.
Allerdings haben sich die Vertreter im Europäischen Parlament und der Kommission, die die Gender-Keule unter dem Deckmantel der Rechtsstaatlichkeit schwingen, auch weit von der Idee des liberalen Rechtsstaates entfernt.
Der ist nämlich keine Ideologiekeule. Der zwingt seinen Bürgern keine Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen auf, also auch keine Gender-Ideologie. Der wurzelt in der größtmöglichen Freiheit, ist seinem Wesen nach also ideologiefrei.
Wäre dieses Prinzip des liberalen Rechtsstaates heute die vorherrschende Meinung, wäre die Sicht auf die wahren Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit wesentlich besser. Mit der Ideologisierung der europäischen Einigung aber wird die EU missbraucht und die Gesellschaft gespalten. Das tut der europäischen Einigung nicht gut, die allein schon aus geopolitischen Gründen eine Frage der Vernunft ist.
c Beitragsbild: Europäische Gemeinschaft 1996