Handelskriege sind nicht zu gewinnen. Jeder verliert: Konsumenten, Arbeitnehmer sowie Unternehmen. Ein Kommentar von Paul Rübig.
Am 31. Mai verhängten die USA „Strafzölle“ auf Stahl – und Aluminiumprodukte aus der EU, Mexiko und Kanada. In einer dem Wahlkampfslogan „Make America Great Again“ folgenden Wirtschaftspolitik attackiert der US-Präsident jeden – sei es Freund oder Feind.
In Europa herrschte große Aufregung. Jenes Europa, in dem jahrelang massiv das Freihandelsabkommen mit den USA attackiert wurde, ist plötzlich Ziel einer willkürlichen Handelspolitik geworden. Der große Erfolg der EU ist die umfassende Handelspolitik mit Abkommen auf der ganzen Welt. Solche Abkommen sollen auch vor Willkür schützen. Jener Willkür, die Trump erkennen lässt, wenn er vom „Feind EU“ spricht um einige Tage später den Beginn einer „wundervollen Freundschaft“ zu bejubeln. Solche Willkür hätte TTIP zumindest eindämmen können. Pacta sunt servanda.
Vergeltungsmaßnahmen sind nicht sinnvoll
Die EU muss nun Wege finden, ihre vorhandene handelspolitische Macht (die EU ist der stärkste Wirtschaftsraum der Welt) optimal auszuspielen, ohne Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Mit barer Münze heimzuzahlen wäre eher Rache als vernünftige Handelspolitik mit kühlem Kopf.
Die Idee, mit europäischen Strafzöllen auf bestimmte US-Produkte ein Gegengewicht herzustellen, ist eher politischer Natur. Stahl versus Motorräder. Harley-Davidson ist eines der Vorzeigeunternehmen von Wisconsin. Dem Wahlkreis des mächtigen Politikers Paul Ryan. Man trifft hier also ins Herz der US-Politik. Harley-Davidson selber ist ins Visier von Trump geraten, nachdem man ankündigte, Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern. Die Zölle würden die Produktion in den USA verteuern.
Trump zielt auch auf deutsche Autobauer ab, denen er vorwirft, die US-Industrie zu schädigen. Doch: Der größte amerikanische Autoexporteur ist BMW. Knapp 10 Milliarden Dollar steuern deutsche Autobauer zum US-Export bei.
Dass die Stahlbranche nicht vor Populismus geschützt ist, hat man 2016 gesehen, als die European Steel Association auf folgende Fakten hinwies:“(…)The UK steel sector heavily depends on the EU as a market for its steel products: in 2015 71% of its total flat products exports and 65% of its total long product exports were sold to EU countries. Around 13,000 people work in the UK steel industry”
Die Türkei hat in dem Konflikt keine Chance
Dass Zollpolitik hochpolitisch ist zeigt sich nun auch am Beispiel Türkei: Im harten Kampf zwischen Staatspräsident Erdogan und seinem in den USA lebenden Widersacher Fetullah Gülen, wird nun die Wirtschaft attackiert. 2016 nahm die Türkei den US-Pastor Andrew Brunson fest und verweigert die Freilassung. Die USA reagierten mit Sanktionen. Nun hat die Türkei Zölle auf 22 US-Produkte eingeführt. Bis zu 140%. Die Türkei hat in diesem Handelskrieg keine Chance – die türkische Währung stürzte ab. Nun muss Katar als Investor einspringen.
Strafzölle sind kostspielig für alle Beteiligten. Die heimische Stahl – und Aluminiumindustrie, die 2017 200.000 Tonnen Stahl und Stahlprodukte um 400 Millionen, sowie knapp 40.000 Tonnen Aluminium und Aluminiumprodukte im Wert von 170 Millionen € in die USA exportierte, könnte mit 50 – 240 Millionen € Schaden betroffen sein. Je nachdem, ob die Zölle auf die (deutsche) Automobilindustrie ausgeweitet werden.
Sie treffen nicht nur europäische Hersteller, sondern vor allem die verarbeitende Industrie in den USA. Für diese sind Stahl- und Aluminiumerzeugnisse unverzichtbare Ausgangsprodukte. Viele Produkte werden teurer, weil die Grundstoffe mehr kosten. Damit belasten die Zölle auch die Konsumenten.
Was sollte Europa tun?
Zuallererst darf man sich nicht am protektionistischen Spiel der US-Regierung beteiligen. Wir stehen für fairen Handel und wollen, dass unsere Unternehmen wettbewerbsfähig sind und Exporte ausbauen. Ein Wettlauf der Strafzölle bringt nichts.
Die EU solle sich für eine allgemeine Senkung der Zölle auf WTO-Ebene einsetzen, um so globale Handelskriege schon im Ansatz zu verhindern. Und die EU muss weiter den erfolgreichen Weg der Handelsabkommen weitergehen. Diese werden intensiv auf Augenhöhe verhandelt und bringen vor allem europäischen Klein- und Mittelunternehmen Vorteile. Denn die KMU haben meist keine eigenen Produktionsstätten in den jeweiligen Ländern oder auch keine großen Rechtsabteilungen. Sie sind daher umso stärker angewiesen auf Investitionsschutz und Rechtssicherheit. Gerade am Beispiel China sieht man, dass auch hier noch ein Ungleichgewicht besteht. Auch hier heißt es: Verhandeln und gemeinsam Fortschritte erzielen.
Protektionisten, Gegner der Marktwirtschaft und Nationalisten denken in lose-situations. Einer gewinnt, der andere soll verlieren. Diesem Denken müssen wir entgegenstehen. Es braucht win-win-Situationen.
Das Beitragsbild zeigt Dr. Paul Rübig, MEP, mit dem EU-Brexit-Kommissar Michel Barnier.