Gebt den Polen das Kommando

Ist Europa, die EU, darauf vorbereitet, dass der nächste US-Präsident die Nato verlassen könnte? Was hätte das für Folgen? Von Rainhard Kloucek

Donald Trump hat also die Präsidentenwahl in den USA gewonnen. Ende Jänner 2025 wird er neuerlich zum Präsidenten der stärksten Militärmacht der Welt angelobt. Seine Fans auf allen Kontinenten finden das gut, seine Gegner finden das schlecht. Die Polarisierung bei den US-Präsidentenwahlen war massiv. Aber auch in Europa sind wir mit einer zunehmenden Polarisierung konfrontiert. Das ist gefährlich für die freiheitlich, demokratisch, rechtsstaatliche Ordnung, weil Polarisierung Populisten und Extremisten die Möglichkeit gibt, mit ihren Scheinlösungen zu punkten.

Aber die Lage ist ernst. Wir wissen nicht was Donald Trump wirklich machen wird. Wir wissen nicht einmal, ob seine Unberechenbarkeit Strategie oder schlicht Ausdruck seiner problematischen Persönlichkeit ist.

Wer übernimmt das Nato-Kommando?

Aber spekulieren wir einmal damit (und das müssen wir, denn Europa muss auf einen solchen Fall vorbereitet sein), dass Donald Trump direkt nach der Angelobung ins Weiße Haus geht, und dort ein Dekret zum Austritt der USA aus der Nato unterzeichnet. Natürlich kann er einen solchen Austritt nicht alleine entscheiden, aber der Nato-Befehlshaber in Europa, ein Amerikaner, wäre damit wohl seines Postens enthoben.

Wer würde ihm nachfolgen, und wie schnell könnte das gehen, bevor eine derartige Führungslosigkeit den russischen Tyrannen zu einem neuen Abenteuer motivieren könnte?

Noch zur Jahrtausendwende hätte man wohl einen Deutschen an der Spitze der Nato in Europa gesehen. Aber mittlerweile hat Deutschland derart abgewirtschaftet (vor allem politisch, aber auch wirtschaftlich), dass eine solche Wahl wohl nicht mehr in Frage kommt. Frankreich sieht sich sowieso als Führungsmacht Europas, noch dazu mit Atombombe. Dieser Ehrgeiz, der nicht durch Stärke gestützt wird, steht den Franzosen aber wohl im Weg. Vergleicht man die Unterstützung für die Ukraine mit anderen EU-Ländern, dann ist Frankreich deutlich abgeschlagen. Noch dazu sind sie geografisch noch weiter von der aktuellen Bedrohung entfernt als Deutschland.

Bleibt nur Polen als Lösung. Die Polen wissen, wie groß die russische Gefahr ist, sie investieren seit Jahren in ihre Verteidigung und bauen diese weiter aus.

Natürlich wissen wir nicht, was Trump wirklich macht. Aber Europa muss vorbereitet sein.

Beitragsbild: Blick auf Warschau. copyright: Europäische Union 2021 Janek Skarzynski