Mazedonien hat gewählt – die EU muss nun ihr Versprechen einlösen

Nord-Mazedonien ist klar pro-europäisch positioniert. Die Staaten der Europäischen Union müssen endlich ihr Wort halten um den Frust in Südosteuropa nicht noch zu verstärken. Ein Kommentar von Stefan Haböck, Internationaler Referent der Paneuropabewegung Österreich.

Stevo Pendarovski ist neuer Staatspräsident der Republik Nord-Mazedonien. Im zweiten Wahlgang setzte sich der Kandidat der regierenden Sozialdemokraten gegen die Kandidatin der oppositionellen konservativen VMRO, Gordana Siljanovska-Davkova, mit rund 52 Prozent durch. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 45 % – und damit knapp über der 40%-Grenze für die Gültigkeit des Urnengangs.

Aus FYROM wird Nord-Mazedonien

Der Sieg Pendarovskis ist nicht nur ein Sieg der Regierung von Ministerpräsident Zoran Zaev, sondern wird nun auch die Umbenennung des Staatsnamens besiegeln. Der amtierende Staatspräsident Gjorge Ivanov, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf, hat die Unterschrift unter dem vom Parlament erlassenen Gesetz zur Umbenennung bisher verweigert. Er lehnt das Prespa-Abkommen, das zwischen der griechischen und mazedonischen Regierung ausverhandelt wurde, komplett ab.

Der neue Präsident wird das Gesetz wohl unterzeichnen und damit wird aus der „Former Yugoslav Republic of Macedonia“ – die Paneuropabewegung hat diesen Namen nie verwendet sondern konsequent von Mazedonien gesprochen –  „Republik Nord-Mazedonien“.

Sehnsucht nach Identitäten kann nicht einfach weggewischt werden

Als Paneuropa Österreich haben wir die jahrzehntelange Erpressung des kleinen Landes in Südosteuropa durch den größeren Nachbarn Griechenland stark kritisiert. Ein EU- und NATO-Land, das seinem Nachbarn ständig Hürden in den Weg legt, kann im besten Falle nur als unsolidarisch bezeichnet werden.

Das Prespa-Abkommen, das den Namensstreit belegen sollte, war daher ein großer Schritt und vor allem Alexis Tsipras, der sein politisches Schicksal in Griechenland mit der Einigung verknüpfte, ist hier Respekt zu zollen. Verhandeln ist immer besser als Konfrontation.

Jedoch muss man den Unmut der mazedonischen Bevölkerung verstehen. Identitäten sind nun einmal wichtiger Bestandteil der Geschichte eines Volkes und man darf nicht vergessen, dass sowohl die ehemaligen Sowjetrepubliken als auch die Länder Ex-Jugoslawiens sich immer noch in einem Transformationsstadium der Selbstfindung befinden. Ein Prozess, den westeuropäische Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg in Freiheit durchlaufen haben.

Das Land braucht harte Reformen, zum Wohle der Bevölkerung

Aus pragmatischen Gründen ist jedoch die Blockade des Abkommens nicht zielführend. Mazedoniens Bevölkerung will in die EU und in die NATO. Die Einigung mit Griechenland war daher ein absolutes Muss für diesen Weg.

Wir haben dies unter anderem hier https://www.paneuropa.at/ein-kompromiss-macht-den-weg-frei-in-die-eu-alles-gut-oder/ betont.

Noch immer wird das Land beherrscht von der massiven Rivalität zwischen den regierenden Sozialdemokraten und der konservativen VMRO. Es geht um Korruptionsvorwürfe, Drohungen, Justizverfahren gegen Politiker der jeweils anderen Partei und natürlich auch um die Identität des Landes, dessen Spiegelbild der Name ist.

Solche Vorgänge sind in Transformationsländern nicht ungewöhnlich. Das System des „realen Sozialismus“ hat Strukturen moderner Staaten nie aufkommen lassen. Misstrauen in staatliche Institutionen, Korruption, parteiische Justiz – das alles muss mühsam erst beseitigt werden. Beide Parteien sind daher aufgerufen, die Anstrengungen in diesen Bereichen massiv zu intensivieren.

Vor allem Premier Zaev muss liefern, will er sein Land Richtung EU führen. Zu groß sind die Vorbehalte in vielen Staaten gegenüber den südosteuropäischen Ländern als dass sich deren Regierungen leisten könnten, Reformen zu verzögern zum persönlichen Vorteil.

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit geschwächt. Junge Menschen verlassen das Land.

Doch auch die EU-Staaten müssen liefern

Die Hinhaltetaktik der Staatengemeinschaft gegenüber den Balkan-Staaten muss ein Ende haben. Dass ein EU-Staat einen verurteilten Ex-Politiker der mazedonischen Justiz entzieht (und damit signalisiert, dass Parteienfreundschaften mehr zählen als rechtsstaatliche Verfahren), war nur ein weiterer Schlag ins Gesicht der reformorientierten Mazedonier.

Mazedonien bekam 2005 den Beitrittsstatus, 2018 blockierten Frankreich und Niederlande den Beginn von Verhandlungen erneut. Dass sich diese innenpolitisch motivierten Taktikspielchen nicht rentieren zeigt die Gelbwesten-Bewegung. Die gibt es Frankreich trotz der Blockade des Balkans.

Die EU muss nun – 14 Jahre nach dem Versprechen – reagieren und mit dem Land die (seit vielen Jahren versprochenen) Beitrittsverhandlungen starten. Wollen die EU-Staaten in ihrer Südosteuropapolitik („Westbalkanpolitik“) glaubwürdig sein, dann muss die friedliche Lösung und der gute Wille Mazedoniens auch gewürdigt werden. Was sich Europa nicht leisten kann ist eine reformorientierte, aber durch Blockaden frustrierte, pro-europäische Bevölkerung am Balkan.

Das Beitragsbild zeigt einen Blick auf den Ohrid-See an der Grenze zwischen Mazedonien und Albanien.