Nudging mit Plakette

Auch wenn sich fast alle Parteien im Wahlkampf Reformen auf ihre Fahnen geschrieben haben, politisch durchsetzen werden sich die Etatisten, also jene Kräfte, die die Macht des Staates über die Bürger ausdehnen wollen. Ein Kommentar von Rainhard Kloucek

Glaubt man all den Versprechungen die im Wahlkampf gemacht wurden, dann müsste in Österreich jetzt das Zeitalter der großen Reformen beginnen. So weitertun wie bisher wollten nur die Roten und die Grünen. Zweitere wurden von den Wählern aus dem Parlament gejagt, kein vernünftiger Mensch wird eine einzige Träne für sie vergießen. Mit den vielen Stimmen, die die SPÖ von den Grünen gewinnen konnte, ist es der Partei des dirty campaigning gelungen, immer noch ein respektables Ergebnis einzufahren, aber doch deutlich in der Minderheit zu bleiben.

Alle anderen Parteien oder Bewegungen sind mit klaren Reformversprechungen angetreten, von einer Entbürokratisierung bis hin zu einer Steuersenkung. Man könnte also hoffen, dass es zu einer Zurückdrängung des Staatseinflusses kommt, und dafür Freiheit, Eigenverantwortung und Eigeninitiative wieder eine Chance bekommen. Das war aber vor der Wahl. Nun ist Ernüchterung nach der Wahl angesagt.

Das Bündnis mit der Partei Putins

Allzuviele Erwartungen sollte man sich nicht machen. Selbst wenn es zu einer Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ kommen sollte (es gibt viele und sehr gute Gründe, warum man die Variante SPÖ und FPÖ für sehr wahrscheinlich halten darf), werden viele Wahlversprechen schnell vergessen sein. Die FPÖ ist bisher mehr durch Paternalismus denn durch echten Liberalismus aufgefallen. Ihre Partnerschaft mit der Partei des russischen Präsidenten Vladimir Putin lässt durchaus Rückschlüsse auf das Staatsverständnis zu. Das bedeutet nicht, dass das Österreichische Bundesheer demnächst in Czernowitz einmarschieren wird (das schon zu Österreich gehörte, bevor die Krim erstmals russisch wurde), ist aber doch ein Zeichen für den Wunsch nach starker staatlicher Kontrolle in möglichst vielen Bereichen des täglichen Lebens, insbesondere was die Kontrolle der Erziehung betrifft.

Bei der ÖVP sind die bisherigen Beharrungskräfte des Klientelismus und des bürokratischen Kammerstaates nicht verschwunden. Wer aufmerksam Publikationen einzelner Bünde gelesen hat, oder gehört hat, was die starke Stimme der Gewerkschaft öffentlicher Dienst sagt, der konnte schon so manche Dissonanz zu den verkündeten Botschaften des Spitzenkandidaten und Wahlsiegers vernehmen. Der hat selbst in der Schlussphase des Wahlkampfes mit seiner Forderung nach einem Gesetz gegen Schmutzkübelkampagnen seine etatistische Seite gezeigt.

Das Ehrenamt braucht keine Staatsplakette

Ein anderes Beispiel lieferte eine Spitzenfunktionärin der Partei ebenfalls noch ein paar Tage vor der Wahl. Sie verlangte nach einem staatlichen Gütesiegel für das Ehrenamt. Ehrenamtliches Engagement ist zweifelsohne enorm wichtig für das Funktionieren einer Gesellschaft. Das reicht von den Feuerwehren über die Vereine der Kleintierzüchter bis politischen Vereinen und Think-tanks, die ohne ehrenamtliche Mitarbeit nicht auskommen könnten. Dieses Engagement hat bisher ganz gut funktioniert, ohne dass der Staat dafür Gütesiegel vergibt. Dies deshalb, weil die Motivation für ein solches ehrenamtliches Engagement in den persönlichen Präferenzen der einzelnen Bürger liegt. Dieses Engagement ist unabhängig von staatlichen Vorgaben, liegt in der Freiheit und Verantwortung des Einzelnen. Solange der Staat dieses nicht behindert, wird es weiter funktionieren, je mehr sich der Staat durch Regulierung einmischt, umso mehr entzieht er den Menschen die Motivation (wobei nicht bestritten werden soll, dass es beispielsweise bei Feuerwehren gewisse gesetzliche Rahmenbedingungen geben muss).

Ein staatliches Gütesiegel würde aber letztlich dazu führen, dass durch den Staat eine Lenkung des ehrenamtlichen Engagements erfolgt. Nudging mit Plakette. Der Staat gibt vor, welches Engagement gewünscht ist und welches nicht. Gut wäre dann nur mehr was der Staat auszeichnet. Wer sich in einem Verein engagiert, der nicht staatlich ausgezeichnet ist, wird zum schlechten Genossen, der sich gegen den Weltfrieden stellt.

Freiheit und Verantwortung

Wir brauchen in Österreich aber nicht neue Genossen oder mehr Lenkung durch den Staat, egal ob durch Steuern, Gesetze oder eben Nudging, sondern einen Ausbruch aus dem schon vorhandenen Etatismus und Paternalismus, zu Freiheit und Verantwortung.

Der Autor ist Generalsekretär der Paneuropabewegung Österreich.