330 Jahre bestehen die Beziehungen zwischen Österreich und dem Kosovo bereits. Die Bilanz dieser mehr als drei Jahrhunderte ist positiv, auch wenn Kosovo damals noch kein eigener Staat war. Von Faruk Ajeti
Wenn es um eine Region Europas geht, in der Österreich außenpolitisch besonders aktiv war und ist, dann ist dies zweifelsohne Südosteuropa. Wenn es um eine Konstante der österreichischen Außenpolitik und Diplomatie geht, die seit Jahrhunderten durch ein aktives Engagement gekennzeichnet ist, und um eine Region, wo die Stimme Österreichs gehört wird, dann ist dies Europas Hinterhof: der Balkan. Österreich ist traditionell mit der Region eng verbunden. Diese Verbindung basiert auf der geografischen Nähe, auf engen historischen, wirtschaftlichen, kulturellen und persönlichen Beziehungen. Die Entwicklungen in Südosteuropa spielen für Österreich aufgrund der großen außen- und sicherheitspolitischen Interessen eine zentrale und entscheidende Rolle. Das Naheverhältnis Österreichs zu Südosteuropa war und bleibt einer der wichtigsten Schwerpunkte seiner Außen- und Sicherheitspolitik.
Wenn es um einen Staat am Balkan geht, in dem Österreich eine Vorreiterrolle gespielt hat, dann ist dies zweifelsohne die junge Republik Kosovo. Die ersten Erfahrungen Habsburg-Österreichs im Kosovo lassen sich bis zum Jahr 1689 zurückverfolgen. Nach der Zweiten Türkenbelagerung Wiens (1683), mit dem Ziel die Osmanischen Truppen soweit wie möglich bis ans Adriatische Meer zurückzudrängen, betraten die ersten habsburgischen Truppen den Kosovo. Und zwar im Rahmen einer habsburg-österreichischen Gegenoffensive im Herbst 1689. Diese Zusammenarbeit wurde in den kommenden Jahrzehnten viel stärker weiterentwickelt und vertieft.
Vorreiterrolle in der Kosovopolitik
Aufgrund des steigenden serbischen Nationalismus und der Verschlechterung der politischen und wirtschaftlichen Lage in Jugoslawien, hatte Österreich zahlreiche Maßnahmen unternommen und viele Initiativen zur Internationalisierung der Kosovo-Frage in verschiedenen regionalen, europäischen und internationalen Gremien gesetzt. Gegen die Verletzung der Menschenrechte nicht nur im Kosovo, sondern auch in den anderen Gebieten Jugoslawiens seitens des Regimes in Belgrad, hat sich Österreich als neutrales Land klar positioniert: Menschenrechtsverletzungen können keine innere Angelegenheit eines Staates sein.
Die politische Führung des Kosovo unter Leitung des ersten Präsidenten, Ibrahim Rugova, genoss besondere Sympathie und Unterstützung seitens der österreichischen Entscheidungsträger.
Österreich war der erste europäische Staat, der die politische Führung der (international nicht anerkannten) „Republika e Kosovës“ empfangen hat. Die österreichische Regierung hat für den Kosovo in vielfacher Hinsicht Unterstützung geleistet, wie die Anerkennung von Diplomen und Zeugnissen der Universität von Prishtina, humanitäre Hilfe, diplomatische Dienste, Türöffner-Funktion und Ratschläge für die politische Führung des Kosovo, Asylangebot für kosovo-albanische Politiker, Flüchtlinge und ihre Familien.
Aktives Engagement Österreichs
Die Zuspitzung des Konflikts im Kosovo durch ethnische Säuberung seitens des Belgrader Regimes, also die gleichen Methoden die in Kroatien und Bosnien-Herzegowina angewandt wurden, bewies am besten die Frühwarn-Funktion Österreichs, wonach die Lösung der Kosovo-Frage nur durch die Einschaltung der internationalen Mechanismen möglich sei. Durch die EU-Mitgliedschaft – aber nicht nur – hatte Österreich ein aktives Engagement gezeigt, das einen wichtigen Arbeitsschwerpunkt der österreichischen Außenpolitik dargestellt hat.
Sowohl die österreichischen Politiker und Diplomaten als auch die österreichische Hauptstadt sind mit der Staatsgründung der Republik Kosovo verbunden. In Wien wurden die Statusverhandlungen zwischen dem Kosovo und Serbien (Wiener Gespräche) 2006/07 abgehalten. Österreich hat den Kosovo im Jahr 2008 unmittelbar nach seiner Unabhängigkeitserklärung – als einer der ersten Staaten – als unabhängigen und souveränen Staat anerkannt, und pflegt seitdem mit Prishtina freundschaftliche und enge Beziehungen auf allen Gebieten.
Nach 330 Jahren gemeinsamer Geschichte sind Österreich und der Kosovo durch gemeinsame Interessen verbunden. Die österreichische Kosovo- und Balkanpolitik als „Konstante der österreichischen Außenpolitik“ bedeutet für Österreich auch einen zentralen Verantwortungsraum. Eines ist festzustellen: der Zug der EU-Integration der Westbalkan-Staaten als letzte europäische Enklave über Wien (mit dem Ziel nach Brüssel weiterzufahren) läuft. Metternich hatte wahrscheinlich Recht, dass der Balkan am Rennweg, dem dritten Bezirk von Wien, anfange. Österreichs Engagement im Kosovo ist ein klares Musterbeispiel für die Betrachtung der Frage, wie viel kleinere und kleine Staaten aufgrund ihrer Expertise und ihres Wissensschatzes in einzelnen internationalen Fragen bewegen können.
Dr. Faruk Ajeti ist Austrian Marshall Plan Foundation Fellow an der Johns Hopkins University in Washington und Affiliated Researcher am OIIP in Wien. Er hat vor kurzem an der Universität Wien seine Dissertation über „Die Kosovopolitik Österreichs in den Jahren 1986-1999“ abgeschlossen.
Österreich gehörte 2008 zu den ersten Ländern, die die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannten. Das Beitragsbild zeigt den geschmückten Mutter Teresa Boulevard in der Hauptstadt Prishtina anlässlich der Zehn-Jahres-Feier (Februar 2018) der Unabhängigkeitserklärung.