Die Paneuropabewegung Österreich, versammelt zur Generalversammlung am 1. Dezember 2017 in Graz, betont die besondere Rolle Österreichs, als dem Erdteil inmitten liegendes Land, in der europäischen Politik mit klarer Perspektive für eine zukunftsfähige Politik neue Akzente zu setzen. Unbestritten ist die Notwendigkeit einer Reformagenda, sowohl für das Land selbst als auch den Prozess und das Ziel der europäischen Einigung.
Angesichts der Herausforderungen vor denen die Republik Österreich in den nächsten Jahren, sowohl aufgrund der verkrusteten Strukturen im Land, aber auch Aufgaben wie beispielsweise der EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018, steht, empfiehlt die Paneuropabewegung Österreich der österreichischen Bundesregierung, das Augenmerk ihrer Arbeit auf folgende Punkte zu legen:
Österreich wieder fit machen: Dazu gehört insbesondere eine Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung auf unter 30 Prozent, sowie eine massive Deregulierung und eine merkbare Reduzierung der bürokratischen Belastungen. Eigeninitiative und Eigenverantwortung müssen wieder mehr Raum haben.
Österreich und Mitteleuropa: Die historische und kulturelle Verbindung Österreichs mit seinen mitteleuropäischen Nachbarländern, die Kulturgemeinschaft Mitteleuropa, sollte die Grundlage einer neuen Zusammenarbeit sein, die nicht nur der Vertretung gemeinsamer Interessen auf Ebene der EU dient, sondern auch einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die wieder aufkommende Trennung zwischen Ost- und Westeuropa zu überwinden.
Österreich und die Europäische Union: Die in den Römischen Verträgen formulierten vier Grundfreiheiten sind der Kern einer europäischen Verfassung. Sie dienen nicht nur der Überwindung nationaler Protektionismen, sondern sind auch eine Einschränkung staatlicher Regelungswut. Im Sinne eines Europa der Freiheit, erwarten wir von den Verantwortungsträgern der österreichischen Politik eine Rückbesinnung auf die Inhalte der vier Grundfreiheiten.
Österreich und die EU-Erweiterung: Österreich gehört zu jenen Ländern, die von der Europäischen Einigung, der Überwindung der Teilung Europas und der Erweiterungen der EU profitiert haben. Insbesondere bei den Ländern Südosteuropas ist die Erwartungshaltung an Österreich – sowohl aufgrund der historischen Verbindungen aber auch einer vorausschauenden Politik unter Außenministern wie Dr. Alois Mock aber auch der Paneuropa-Union unter Führung von Otto von Habsburg – sehr hoch. Die Verantwortungsträger der österreichischen Europapolitik werden daher gebeten, ihre Anstrengungen zum (bereits 2003 in Thessaloniki versprochenen) EU-Beitritt der Länder Südosteuropas (im EU-Jargon Westbalkan genannt) zu verstärken, und zum ersten und entschiedensten Fürsprecher dieser Länder zu werden. Ebenso erwarten wir von den österreichischen Verantwortungsträgern (egal auf welcher Ebene der Politik sie tätig sind) einen verstärkten Einsatz zur Stabilität in den europäischen Grenzregionen, sowie eine Öffnung einer EU-Beitrittsperspektive für ganz eindeutig europäische Länder wie die Ukraine, Georgien und Moldawien.
Österreich / Europa und die Sicherheit: Die Herstellung von innerer und äußerer Sicherheit ist neben der Schaffung von Rechtssicherheit eine der Kernaufgaben des Staates. Beides dient der Freiheit der Bürger. Die Überwindung der Grenzen im Inneren war ursprüngliches Ziel aller Bemühungen zur Einigung Europas. Die Schaffung eines echten und funktionierenden Grenzschutzes muss daher zu den Prioritäten der österreichischen Europapolitik gehören. Die Außengrenzen müssen geschützt werden, die Binnengrenzen müssen offenbleiben. Die Erweiterung des Schengen-Raumes um alle EU-Länder ist zügig umzusetzen.
Europa der Subsidiarität: Ohne Freiheit würde Europa seine Seele, seinen Sinn verlieren. Freiheit erfordert Verantwortung. Ohne Verantwortung kann es keine Freiheit geben, ohne Freiheit keine Verantwortung. Nach dem Prinzip der Subsidiarität sollen Zuständigkeiten auf einer möglichst niedrigen Ebene angesiedelt sein, die höhere Ebene schreitet nur ein, wenn die kleinere Einheit die Aufgaben nicht zufriedenstellend erledigen kann. Für die europäische Einigung ist dieses Prinzip eine der Grundvoraussetzungen. Ziel der europäischen Einigung kann es nicht sein, den nationalen Zentralstaat auf europäische Ebene zu heben, Ziel muss es vielmehr sein, den Nationalstaat mit seinem zentralistischen Anspruch der Kompetenz-Kompetenz zu überwinden. Europa muss dort Kompetenz bekommen, wo diese Kompetenz – wie beispielsweise in der Außen- und Sicherheitspolitik – Souveränität entfalten kann. Gleichzeitig aber muss die Souveränität der Bürger, ihre Freiheit und Verantwortung wieder entfalten zu können, gestärkt werden. Nicht der ausgedehnte paternalistische Wohlfahrtsstaat, der möglichst alle Lebensbereiche auf staatlicher Ebene regelt, und umverteilt ist das Ziel, sondern persönliche Freiheit und Verantwortung, Autonomie der Familie, Religionsfreiheit, Privateigentum, freie Wirtschaft, etc.
Subsidiarität verlangt nicht einen Primat der Politik, sondern einen Primat von Recht und Freiheit.
Graz, 1. Dezember 2017