Albanien kämpft immer wieder mit politischen Wirren. Von Rainhard Kloucek
Anfang März dieses Jahres wählte das General Council der albanischen moslemischen Gemeinschaft einen neuen Vorsitzenden für die nächsten vier Jahre. Gewählt wurde schließlich mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen Bujar Spahiu. Er gilt als ein moderater Vertreter der moslemischen Gemeinschaft, der europäisch orientiert ist. Der Wahl vorangegangen waren Wochen, in denen massiver Druck von Seiten der Regierung ausgeübt wurde, einen anderen Kandidaten, nämlich Ylli Gurra, zu wählen. Er gilt als Kandidat des türkischen Präsidenten Erdogan, und man sagt ihm eine Nähe zu den Salafisten nach.
Um diesen Druck aus Ankara zu unterstreichen war auch der Bruder des türkischen Präsidenten Mustafa Erdogan in Albanien anwesend. Gut informierte Kreise berichten über direkte Interventionen durch Vertreter der türkischen Regierung über die Botschaft in Albanien. Demnach haben sich der albanische Premierminister Edi Rama, der Bürgermeister von Tirana Erion Veliaj und der Fraktionschef der Sozialistischen Partei Taulant Balla massiv für Gurra eingesetzt.
Die Opposition protestierte heftig gegen die direkten Interventionen aus der Türkei, aber auch gegen die Interventionen der sozialistischen Regierung Albaniens. Sie rief die Muftis dazu auf, ihre Würde zu bewahren und die europäische Orientierung beizubehalten.
Albanien hat ein massives Problem mit dem Anbau und dem Handel von Drogen. Spuren führen immer wieder in höchste Regierungskreise, die das Vorgehen der Drogenmafia deckt. Auch im konkreten Fall der Wahl der moslemischen Vertretung wird über einen türkischen Agenten, der führend bei den Interventionen war, eine Verbindung zum Drogenhandel hergestellt. Unter anderem soll die sozialistische Regierung mit Erlösen aus dem Drogengeschäft massiven Stimmenkauf bei den vorigen Wahlen betrieben haben.
Die Türkei ist massiv in dem Balkan-Land vertreten. Ein Ziel ist der Ankauf von strategischer Infrastruktur. In diesem Zusammenhang wird immer wieder der Vorwurf von Korruption laut. So gingen 40 Prozent der albanischen Luftlinie an die Türkei. Die vielen Korruptionsvorwürfe führten im März zu zahlreichen Protesten, bei denen tausende Anhänger der Opposition den Rücktritt der Regierung forderten.
Der Beitrag erschien ursprünglich in der Zeitschrift „Paneuropa“, Ausgabe 2 2019, Seite 5