Im Krieg gegen die Ukraine aber auch in Syrien werden von russischer Seite Söldner eingesetzt. Viele davon kommen vom Balkan, wo ihre Existenz eine Bedrohung der Stabilität darstellt. Eine Analyse vom Vizepräsidenten der Paneuropa-Jugend Elias Kindl.
Radomir Počuča war Journalist und TV-Moderator beim bekannten TV-Sender „Pink“ und Sprecher der Anti-Terror Einheit PTJ in Serbien. Sein nächster „Karriereschritt“ überraschte dann doch. 2014 ging er als Söldner in den Donbass. Obwohl er diese Aktivitäten bilderreich in den sozialen Netzwerken teilte, blieb er von der serbischen Staatsanwaltschaft unbemerkt. Im Donbass nahm Počuča bis 2015 an kriegerischen Aktionen auf der Seite der Separatisten teil. Auch wurde festgehalten, dass Počuča an inneren Konflikten als Sicherheitskraft teilnahm. Er selbst kehrte auf magische Weise nach Serbien zurück und stellte sich. Dafür wurde er für eineinhalb Jahre auf Bewährung verurteilt.
Radomir Počuča war der bekannteste serbische Kämpfer im Donbass, aber nicht der einzige. Der ukrainische Botschafter in Serbien Oleksandr Aleksandrovič sprach von 300 serbischen Söldnern, welche im Donbass kämpften. Doch, wer sind diese Söldner? Wo kämpfen sie vielleicht noch? Sind Söldner vom Balkan am Balkan selbst ein Problem?
Von den dreihundert Söldnern am Balkan gibt es einige Personen, welche SBU (ukrainischer Geheimdienst) identifiziert und namentlich bekannt sind. Da ist Dejan Beric, ein Scharfschütze. Dieser verschuldete sich als Unternehmer und ging daraufhin in die Ostukraine. Beric besaß als ehemaliges Mitglied der Armee der „Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien“ Kriegserfahrung als Scharfschütze. Diese Fähigkeiten setzte er auch in der Ostukraine ein.
Nicht nur kämpfen einzelne serbische Söldner in der Ostukraine, sondern gibt es auch ein eigenes „Serbisches Husaren Regiment“, welches aus 15 Serben und 30 Russen bestand. Einer dieser Serben war Saša Jojić. Der 25jährige Serbe kämpfte im Donbass und starb in Palmyra. Im Donbass kämpfte er mit anderen Serben aus Novi Sad in der Gegend um Donezk, als Teil dieses „Husaren-Regiments“.
Der Fall „Jojić“ zeigt sehr gut auf, welche Strukturen hinter dem Anwerben von serbischen Söldnern stehen. Die Organisatoren werden der „Wagner-Gruppe“ zugerechnet und zahlen den Söldnern in der Ausbildung 300 Euro und nach der fertigen Ausbildung 5.000 Dollar monatlich in Syrien. Falls der Soldat, wie im Falle „Jojić“ verstirbt, bekommt die Familie 50.000 Dollar. Wenn man in der Ukraine kämpft, spricht man von 2.200 Dollar monatlich.
Diese „Wagner-Gruppe“ ist berühmt-berüchtigt. Sie wurde von Dmitri Utkin gegründet. Er arbeitete als junger Mann bei Spezialeinheiten des russischen Militärgeheimdienstes, dann wechselte er zur Moran Security Group. Nach seiner Kündigung war er 2013 erstmals mit einer mehr als 250 Mann starken Einheit in Syrien gewesen. Danach hat er die Wagner-Einheit aufgebaut, die später im Osten der Ukraine und in Syrien aktiv war.
Im Dezember 2016 erschien Utkin sogar zu einem Empfang im Kreml. Geladen waren Generäle, die Verdienste im russischen Militär erworben haben. Utkin, der Chef der Söldnereinheit, war einer der wenigen Gäste, die in der russischen Armee keinen offiziellen Rang bekleideten. Dass er dennoch eingeladen war, hängt vermutlich damit zusammen, dass seine Soldaten im Syrien-Krieg Aufgaben für Russland übernommen hatten.
Die Ausbildung, während der man 300 Euro monatlich bekommt, lässt sich relativ leicht beschreiben. Es beginnt mit dem Einstellungstest, bestehend aus Klimmzügen, Dauerlauf, Liegestütze, 100-Meter-Lauf, einem Cooper-Test, um die Ausdauer zu prüfen, und verschiedenen Schießübungen. Wer diesen Eignungstest bestehe, dürfe eine Söldnerausbildung absolvieren, die normalerweise zwei Monate dauere. Jeder Mann, der diesen Einstellungstest bestehe, müsse einen Arbeitsvertrag über mindestens sechs Monate unterschreiben. In diesen Verträgen verpflichtet man sich, nichts über den Aufenthaltsort des Einsatzes zu verraten.
Wieso braucht man fremde Söldner in Syrien und in der Ukraine? Putin habe mittlerweile Probleme, genügend Leute für seine Kriegseinsätze zu finden, sagt Stefan Meister, Russlandexperte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Derzeit habe Russland mit den Einsätzen in der Ukraine und in Syrien schon zwei Konflikte, die viele Soldaten und viel Ausrüstung erfordern. Auch wenn das russische Militär seit 2008 modernisiert werde, seien seine Kapazitäten nicht unendlich. Söldner würden von privaten Sicherheitsfirmen eingestellt und bekämen andere Arbeitsverträge als Soldaten. Laut Meister sei es dadurch leichter zu verhindern, dass Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Insbesondere in der Ukraine war es bisher ein Problem, wenn russische Soldaten im Kampf gegen das einstige „Brudervolk“ getötet wurden. Wenn aber ein Söldner im Einsatz stirbt, kann das Verteidigungsministerium jede Zuständigkeit dafür abstreiten.
Doch nicht nur ehemalige Soldaten oder Söldner kämpfen auf russischer Seite in den „Volksrepubliken Donezk und Luhansk“, sondern auch serbische Neonazis. Zwei von diesen waren Teilnehmer der „Serbischen Aktion“, welche sich vor allem gegen Roma und Sinti richtet. Beide wurde für die Verteilung hetzerischer Flugblätter verurteilt. Weitere fünf serbische Neonazis kämpften laut der Zeitschrift BLIC in der Ukraine. Von ihrem Schicksal ist nichts Weiteres bekannt.
Doch nicht nur in der Ukraine gibt es serbische Mitglieder paramilitärischer Verbände, sondern auch in dem Staatengebilde „Republika Srpska“. Die serbischen politischen Führer bauen hier eine paramilitärische Einheit ähnlich einer Prätorianergarde auf. Diese Einheit nennt sich „Serbian Honour“ und wird in russischen „Kulturzentren“ in Nis ausgebildet. Diese Einheit hat nicht nur Verbindungen zu den „Nachtwölfen“, einer rechtsextremistischen Motorradgang. Diese Motorradgang besitzt beste Verbindungen zu russischen politischen Spitze einschließlich Putin selbst. Als wären diese Verbindungen noch nicht besorgniserregend genug, gibt es Verbindungen zwischen dieser Milizeinheit und den ehemaligen serbischen Kämpfern in der Ukraine, Südossetien und Abchasien, die nun in dieser Miliz kämpfen. Gesichtet wurden diese Truppen in Uniformen in Banja Luka in voller Montur. Diese Einheit rekrutiert sich ähnlich der serbischen Söldner in der Ukraine aus dem kleinkriminellen serbischen Umfeld. Loyal zu Dodik ist der Zweck dieser Einheit die Opposition zu kontrollieren und zu disziplinieren, falls diese versucht sich zu erheben. Damit versucht Dodik die Macht zu sichern.
All dies hat natürlich auch einen geopolitischen Aspekt. Dies alles geschieht 15 Monaten nach dem Sturm paramilitärischer Einheiten auf das montenegrinische Parlament, welches Nato-Mitglied ist. Bezieht man den gesamten geopolitischen Raum mit ein, ergibt sich folgendes Bild: Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Albanien, Montenegro, Kroatien und Slowenien sind alle schon Nato-Mitglieder. Die einzigen Staaten des Balkans, welche nicht der Nato beigetreten sind, sind: Mazedonien, Bosnien, Kosovo und Serbien.
Während Serbien immer schon klar machte, dass es nie Interesse hatte, dem westlichen Bündnis beizutreten, ergibt sich in Bosnien ein anderes Bild. Ein bosnischer Verteidigungsbeamte sagte zu Journalisten, dass Bosnien seinen „Membership Action Plan“ aktivieren wird. Der „Membership Action Plan“ ist ein weiterer formaler Schritt in Richtung Nato. Hier kommt das Gebilde „Republika Srpska“ und Dodiks Milizen wieder ins Spiel, welche vielleicht dazu benutzt werden könnten, um hier Spannungen zu provozieren.
Auch im Falle Montenegro wurden serbische Nationalisten verhaftet, unter anderem ein früherer Polizeichef, Branislav Dikic. Dieser wurde beschuldigt, einen Umsturz gegen die Regierung Montenegros geplant zu haben. Dieser Umsturz war nicht von Erfolg geprägt und Montenegro wurde 2017 Nato-Mitglied, und verhinderte damit den strategischen Plan Russlands einen Hafen an der Adria-Küste zu halten.
Auch in Mazedonien gab es Bestrebungen Russlands hier die politische Situation zu beeinflussen. Hier gibt es geleakte Papiere des Geheimdienstes, dass russische Spione und Diplomaten involviert waren um die politische Situation in Mazedonien zu destabilisieren. Dies geschah über eine Dekade lang. Diese Spione und Diplomaten unterstützten pro-russische Nationalisten, welche gegen die Möglichkeit waren, dass Mazedonien an der Nato teilnimmt.
Man sieht, Söldner von und am Balkan haben eine besondere Bedeutung in der Geopolitik eingenommen. Deswegen verdienen sie mehr in den Fokus zu geraten. Das Problem ist, dass z.B. Serbien bei der Durchführung der Strafen für serbische Staatsbürger, welche in Konflikten für einen anderen Staat als Söldner arbeiten, sehr lax agiert. Nach einem Geständnis bekommt man meist nur Bewährungsstrafen. Dies ist problematisch, besonders wenn man bedenkt, welche Rolle diese Söldner bei den Destabilisierungen von westlichen Bestrebungen von Ländern am Balkan spielen. Hier sollte man von europäischer Seite besonders alarmiert sein, wenn sich Politiker mitten in Europa eine Privatarmee versuchen aufzubauen. Dies kann und darf die europäische Staatengemeinschaft nicht akzeptieren, besonders wenn dies gegen das Dayton-Abkommen verstößt.
Fotos: OSCE