Vorigen Sonntag fanden Präsidentschaftswahlen in Kolumbien statt. Auf den ersten Blick schaut dies nicht wie eine weltbewegende Eilmeldung aus, die Resultate können aber von großer Bedeutung sein. Zunächst einmal, wir haben noch keine fixen Resultate, wir wissen nur wer die beiden übrig gebliebenen Kandidaten sind, die in einer Stichwahl am 17. Juni um das Amt des Präsidenten rittern. Und viel unterschiedlicher könnten zwei Kandidaten nicht sein … Ein Kommentar von Karl von Habsburg.
Doch zuerst ein kleiner Blick auf das Land: Kolumbien ist das Land mit der höchsten Anzahl von Flüchtlingen in der Welt! Es handelt sich allerdings größtenteils um interne Flüchtlinge, Personen die in einem grauenvollen Guerillakrieg von ihrem Land vertrieben wurden, oder in den Konflikt zwischen Kokain-Kartelle geraten waren. Zu den so genannten IDPs (Internaly Displaced People), etwa sieben Millionen an der Zahl, gesellen sich jetzt noch die Flüchtlinge aus Venezuela, die versuchen dem dortigen kommunistischen Chaossystem zu entkommen. Und alle sehnen sich nach nichts mehr als nach Stabilität in der Region, um möglicherweise nach Hause zurück zu kehren.
Dann darf man auch nicht die jüngste Geschichte Kolumbiens vergessen. Der scheidende Präsident Santos strebte eine Aussöhnung mit der FARC, einer der schlimmsten kommunistischen Terrororganisationen Lateinamerikas, an. Diese hatte das Land über sechs Jahrzehnte mit Attentaten und Entführungen terrorisiert. Mit der Zeit müde geworden, zogen sich die meisten Führer der FARC nach Kuba zurück, um von dort Verhandlungen zu führen. Das erklärte Ziel von Präsident Santos war es, den Friedensnobelpreis zu bekommen. Dem war er gewillt fast alles unter zu ordnen. So schickte er sich an Dinge zu akzeptieren, wie völlige Straffreiheit für Gewaltverbrecher der FARC, aber auch für eine Demokratie sehr bedenkliche Dinge wie eine garantierte Sperrminorität im Kolumbianischen Parlament für die Vertreter der FARC. Als das Abkommen einem Referendum unterworfen wurde, blieben die Befürworter klar in der Minderheit, was aber Santos nicht daran hinderte, es trotzdem zu implementieren.
Die beiden Kandidaten für die Stichwahl stammen nun aus zwei Lagern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Um eine Mehrheit zu bekommen muss Gustavo Petro, der im ersten Wahlgang 25% der Stimmen erzielte, seine Wähler davon überzeugen, einen ehemaligen marxistischen M-19 Rebellen zu wählen, der noch dazu ein erklärter Fan des verstorbenen Venezolanischen Führers Hugo Chavez ist. Sein Gegenkandidat Ivan Duque, der mit 39% im ersten Wahlgang führte, gilt als Epigone des früheren konservativen Präsidenten Alvaro Uribe. Er ist ein erklärter Gegner vieler Passagen des Friedensabkommens mit der FARC. Er gilt als kompromissloser Konservativer, der für die Vernichtung von Koka Saatgut und Ernte eintritt, aber sich auch gegen gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung stark macht.
Es ist nicht egal, wer in Kolumbien Präsident wird. Die Zone der Unsicherheit in Lateinamerika ist bereits zu groß. Venezuela verwandelt sich immer mehr in einen kommunistisch geprägten Chaosstaat, der seine Bevölkerung nicht einmal mehr mit dem Nötigsten versorgen kann. Auch in Nikaragua ist der Präsident ein ehemaliger Guerillaführer, dessen Bevölkerung sich nach weniger Korruption und mehr Stabilität sehnt, und dies auch mit riesigen Demonstrationen zum Ausdruck bringt. Kolumbien ist zu groß und zu bedeutend, um seine Präsidentenwahl als Nebensache abzutun.