Protektionisten aller Schattierungen, von Grünen bis Nationalisten, von Kommunisten bis Katholen, bilden eine unheilige Allianz gegen ein Handelsabkommen mit den Mercosur-Ländern. Ihre Behauptungen sind populistisch. Von Rainhard Kloucek
Österreich exportiert im Jahr Waren im Wert von etwas mehr als einer Milliarde Euro in die Mercosur-Staaten und importiert aus diesen Ländern Waren im Wert von weniger als einer halben Milliarde Euro. Ein gutes Geschäft, das nun durch ein Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Ländern (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela, die Mitgliedschaft von Venezuela ist suspendiert) für beide Seiten noch verbessert werden kann. Denn derzeit behindern noch eine Reihe von recht hohen Importzöllen (Schutzzöllen) den freien Warenaustausch. Schutzzölle behindern immer den Warenaustausch, weil sie die Produkte künstlich teurer machen. Freier Handel bringt immer Wohlstandsgewinne, weil er die Zahl der gehandelten Produkte erhöht und die Preise senkt. Letztlich profitieren 100 Prozent der Bevölkerung weil 100 Prozent der Bevölkerung Konsumenten sind.
Doch in Brasilien und anderen Ländern Lateinamerikas brennt es im Regenwald. Brandrodung ist in der Region eine uralte Methode der Gewinnung von Land für die Landwirtschaft, aber genauso eine Methode der Landwirtschaft selbst. Genauso wie in Afrika, wo noch größere Waldflächen als in Südamerika in Brand stehen, was aber derzeit kaum thematisiert wird. Insbesondere in Brasilien ist die Kombination aus Bränden im Regenwald und Präsident Bolsonaro, der als Rechter gilt und deshalb für viele ein Feindbild darstellt, ein willkommener Anlass, um eine direkte Verbindung zwischen diesen beiden Ereignissen und dem Handelsabkommen herzustellen: der Regenwald brennt, Bolsonaro ist schuld, und das Handelsabkommen ist deshalb schlecht und auch Schuld an den Bränden, so die einfache Schlussfolgerung, die zwar faktisch nicht erklärt werden kann aber populistisch ankommt und beim lukrieren von Spenden hilft.
Dass es die Brandrodungen schon bisher gegeben hat, auch ohne Mercosur-Abkommen, wird ausgeblendet. Genauso ausgeblendet wird übrigens die Tatsache, dass in dem Abkommen auch Vereinbarungen zum Schutz des Regenwaldes, zum Klimaschutz und zur Qualitätssicherung bei landwirtschaftlichen Produkten enthalten sind. Ohne dieses Abkommen gäbe es diese Verpflichtungen der Mercosur-Länder nicht.
Die Landwirtschaft ist der zweite populistische Vorwand gegen das Abkommen. Hier vermischen sich dann die Interessen diverser linker Parteien und Scheinmoralkonzerne (wie beispielsweise Greenpeace und WWF) mit protektionistischen Ansätzen bei allen Schattierungen der Agrarlobby (bei Blau und Schwarz) und Organisationen aus dem katholischen Bereich. Von Ramschfleisch, mit dem wir dann überschwemmt werden, sprach ein Bauernbund-MEP. Die Bevölkerung müsse vor dem Import schlechter Qualität geschützt und die Bauern gerettet werden. Argumente um diese Behauptungen zu untermauern werden nicht geliefert.
Dass es keine Argumente gibt hält die Populisten nicht vom Trommeln dieser Slogans ab. Schließlich ist Wahlkampf, und da lässt sich mit solchen einfachen Formulierungen Stimmung für die eigene Sache machen. Dass man den österreichischen Bauern damit unterstellt, sie würden so schlechte Qualität produzieren, dass sie sich vor angeblich schlechter (oder doch guter?) Qualität aus Südamerika fürchten müssen wird genauso unterschlagen, wie die Unterstellung, die wahlberechtigten Bürger wären nicht reif um eigene Konsumentscheidungen zu treffen.
Übrigens: Auch Österreichs Bauern exportieren pro Jahr Waren im Wert von mehr als elf Milliarden Euro. Schutzzölle schaden ihnen genauso wie der Industrie.
Beitragsbild: c Europäische Union 2019; Die Europäische Kommission verhandelte im Auftrag der EU-Staaten das Abkommen mit den Mercosur-Ländern.